Behandlung von Lipödem
Lipödem: So erkennst und behandelst du die krankhafte Fettverteilungsstörung
- Aktualisiert: 11.11.2022
- 17:07 Uhr
Du machst Sport, verzichtest auf fettes Essen und Süßigkeiten, doch deine Oberschenkel zeigen nach wie vor dellige Fettpölsterchen? Schnell mal ein blauer Fleck, schwere Beine und Druckschmerz sind für dich ganz normal? Und dass deine Hosen mindestens 2 Kleidergrößen größer als die Oberteile sind, auch? Dann leidest du eventuell an einem Lipödem. Diese krankhafte Fettverteilungsstörung betrifft fast jede zehnte Frau in Deutschland. Neben den körperlichen Beschwerden wie Spannungsgefühl und Berührungsempfindlichkeit, ist die Krankheit häufig auch psychisch belastend. Hier erfährst du alles über die Krankheit Lipödem an den Beinen und Armen, wie sie sich behandeln lässt und wie du feststellen kannst, ob du betroffen bist.
Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- Bei einem Lipödem ist die Fettverteilung gestört und das Unterhautfettgewebe vermehrt.
- Die symmetrischen Fettanlagerungen betreffen meistens die Beine, seltener die Arme.
- Die Krankheit Lipödem betrifft fast nur Frauen, häufig nach einer hormonellen Umstellung wie der Pubertät oder einer Schwangerschaft. Männer sind nur in Verbindung mit anderen Krankheiten oder Behandlungen, die den Hormonhaushalt beeinflussen, betroffen.
- Ein Lipödem an den Beinen ist mit regelmäßig auftretenden Beschwerden wie einem unangenehmen Spannungs- und Druckgefühl und einer verstärkten Berührungsempfindlichkeit der Haut verbunden.
- Mit einer frühzeitigen Lipödem-Behandlung können die Beschwerden gelindert, Komplikationen vermieden und einer Zunahme der Fettanlagerungen entgegengewirkt werden.
- Ein Lipödem kann nicht ursächlich behandelt werden.
- Die Lipödem-Symptome und Beschwerden lassen sich konservativ oder operativ behandeln.
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Was ist ein Lipödem?
Ein Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung, die meist an den Oberschenkeln auftritt und dann auch als Reiterhosen bezeichnet wird. Die Fettanlagerungen treten immer symmetrisch auf, vor allem an den Beinen, seltener auch an den Armen. Neben der Vermehrung des Unterhautfettgewebes wird auch vermehrt Wasser in das Gewebe eingelagert, sodass sich Schwellungen bilden.
Ärztinnen und Ärzte sprechen jedoch erst dann von einem Lipödem, wenn zusätzlich regelmäßig spürbare Beschwerden hinzukommen, beispielsweise ein unangenehmes Spannungs- und Druckgefühl und eine verstärkte Berührungsempfindlichkeit der Haut. In der Regel bleiben Hände, Füße und der Rumpf von der Fettverteilungsstörung verschont, sodass ein Missverhältnis der Proportionen entsteht: Ein schlanker Oberkörper steht im Kontrast zu einem voluminösen Unterkörper. Das Aussehen kann Betroffene psychisch belasten und das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigen.
Wie entsteht ein Lipödem?
Ein Lipödem entsteht nicht, weil du Übergewicht hast, zu viel isst oder zu wenig Sport machst. Im Gegenteil: Die Bildung der Fettzellen an den für ein Lipödem typischen Stellen ist untypisch für eine Fettsucht. Allerdings kann eine Gewichtszunahme die Entstehung von Lipödemen begünstigen. Expert:innen vermuten zudem eine genetische Veranlagung oder hormonelle Veränderungen als auslösende Faktoren, allerdings ist die Ursache eines Lipödems noch nicht vollständig geklärt.
Lipödem - das sind die Symptome
An diesen typischen Kennzeichen erkennst du ein Lipödem:
- Ein Lipödem tritt immer symmetrisch auf, meist zuerst an den Beinen.
- Seltener tritt das Lipödem an den Armen auf, die Fettverteilung ähnelt dort der Fettverteilung an den Beinen.
- Hände und Füße sind niemals betroffen.
- An Ober- und Unterschenkeln treten Berührungs- und Druckschmerzen auf.
- Es können spontane, grundlose Schmerzen entstehen.
- Die betroffenen Körperstellen neigen zu blauen Flecken, Cellulite und Orangenhaut.
- Im Laufe des Tages verschlimmern sich die Beschwerden mit zunehmender Flüssigkeitseinlagerung.
- Über den Tag bilden sich verstärkt Flüssigkeitseinlagerungen, insbesondere bei warmem Wetter oder wenn du lange stehst oder sitzt. Deine Beine fühlen sich dann schwer, müde und kraftlos an.
- Die Schmerzen in den Beinen lassen sich auch durch Hochlegen der Beine nicht lindern.
- Die Fettzellen vermehren sich unkontrolliert unter der Haut und lassen sich als harte Knubbel ertasten.
- Fettansammlungen lassen sich nicht mit einer Diät reduzieren oder beseitigen.
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Die Lipödem-Symptome können allerdings auch auf eine andere Krankheit hinweisen, sodass sie schwer einzuordnen sind. Daher ist es oftmals ein langwieriger Prozess, ein Lipödem zu erkennen und zu diagnostizieren. Wenn du anhand der Symptome das Gefühl hast, du könntest an einem Lipödem erkrankt sein, solltest du auf jeden Fall eine Fachärztin oder einen Facharzt aufsuchen. Du fragst dich, zu welcher Ärztin oder welchem Arzt du bei einem Lipödem gehen kannst? Phlebologen sind auf Lipödeme spezialisiert und in diesem Fall die richtige Ansprechperson.
Lipödem erkennen – bist du betroffen?
Vielleicht fragst du dich, ob du von einem Lipödem betroffen bist, da einige der Symptome bei dir auftreten. Zur Orientierung haben wir einigen Fragern zu einem Lipödem-Test zusammengestellt. Beantworte die Fragen einfach mit Ja oder Nein. Wenn anschließend die Ja-Antworten überwiegen, heißt das noch nicht, dass du an einem Lipödem erkrankt bist. Wende dich für eine gesicherte Diagnose unbedingt an eine Fachärztin oder einen Facharzt.
- Hast du häufig schwere, brennende Beine, insbesondere beim Treppen steigen?
- Bekommst du leicht blaue Flecken?
- Reagieren die Beine sehr empfindlich auf Berührungen?
- Trägst du in den Hosen eine deutlich größere Kleidergröße als in den Oberteilen?
- Hast du starke Orangenhaut an den Oberschenkeln?
- Werden die Beine trotz Training und Diät nicht schlanker?
- Sind deine Beine abends müde und schwer?
- Haben die Beschwerden in der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft begonnen oder sich in dieser Zeit verstärkt?
- Schwellen die Beine vom langen Stehen oder Sitzen an?
- Leiden weibliche Verwandte unter ähnlichen Beschwerden?
Lipödem - So verläuft die Krankheit
Das Lipödem ist eine chronische und fortschreitende Fettverteilungsstörung, die in drei Lipödem-Stadien unterteilt werden kann:
- Stadium I: Die Unterhautschicht ist gleichmäßig verdickt, die Hautoberfläche glatt, die Fettstruktur feinknotig.
- Stadium II: Die Unterhautschicht wird knotenförmig, die Hautoberfläche uneben, es sind Dellen und Beulen sichtbar.
- Stadium III: Das Gewebe verhärtet sich, es entstehen ausgeprägte Fettwülste und großlappige Hauttaschen, die im Knie- und Oberschenkelbereich beim Gehen behindern können.
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Ist ein Lipödem heilbar?
Bislang gibt es keine Lipödem-Behandlung, die die Ursachen des Lipödems bekämpft. Es ist jedoch möglich, Lipödem-Symptome zu behandeln und dadurch Beschwerden zu lindern. Mit konsequenter Durchführung verschiedener Maßnahmen ist es möglich, die Krankheit über viele Jahre zu verlangsamen oder sogar zum Stillstand zu bringen und weitestgehend beschwerdefrei zu leben.
Konservative Behandlung der Lipödeme
Bei einer konservativen Behandlung wirst du nicht operiert, sondern man versucht, dem Lipödem mit verschiedenen therapeutischen Maßnahmen entgegenzuwirken. Eine Kompressionstherapie in Verbindung mit ausreichender Bewegung und einer gesunden Ernährung hat sich in der Praxis als sehr erfolgreich gezeigt.
Lipödem: Die Kompressionstherapie
Mit der Kompressionstherapie kannst du die Zunahme des Lipödems verlangsamen oder sogar stoppen. Mit deiner Kleidung kannst du anfangen: Spezielle Kompressionskleidung wie Kompressionsstrümpfe, -strumpfhosen, -leggings, -Radlerhosen oder -Bolerojacken (Toraxbandagen) wird als wohltuend empfunden. Die Kompressionskleidung drückt auf das betroffene Gewebe, vermeidet das Aufstauen von Lymphflüssigkeit und wirkt so dem Schmerz entgegen. Lass dich dazu im Fachhandel beraten, denn die Kompressionsstrümpfe müssen individuell an die Ausprägung der Krankheit angepasst werden. Die manuelle Lymphdrainage ist ebenfalls Teil des Therapiekonzepts und hilft, Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe abzutransportieren. Bei der ärztlichen Diagnose Lipödem übernehmen die meisten Krankenkassen die Kosten für maßgefertigte Kompressionsstrümpfe und Lymphdrainagen. Informiere dich bei deiner Krankenkasse.
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Lipödem: Bewegung ist wichtig
Walking, Schwimmen, Aquajogging, Radfahren oder Wandern: Diese Sportarten regen die Durchblutung an und verbrennen gleichzeitig Kalorien. Außerdem helfen gezielte Übungen, die geschwollenen Beine zu entlasten. Sport wirkt also doppelt, indem er zum einen das Gewicht kontrolliert, zum anderen gezielt gegen Beschwerden wirken kann. Bewegung im Wasser ist besonders gelenkschonend und effektiv.
Lipödem: Gesunde Ernährung ist wichtig
Übergewicht ist nicht die Ursache von Lipödemen, aber es belastet den Körper und das Lymphsystem, verstärkt das Lypödem und die damit verbundenen Schmerzen. Wenn du an einem Lipödem leidest, ist es deshalb wichtig, dass du auf dein Gesicht achtest und dich gesund und ausgewogen ernährst. Viel frisches Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch in Maßen sowie Vollkornprodukte versorgen dich mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Achte auf eine ballaststoffreiche Ernährung, ungesättigte Fette und ausreichend Eiweiß, insbesondere wenn du dich vegetarisch ernährst. Trinken nicht vergessen: täglich etwa 2 Liter Wasser, verdünnte Schorlen, Infused Water oder ungesüßten Tee.
Operative Liposuktion: Fettabsaugung
Die Lipödem-Operation ist die einzige Möglichkeit, das krankhaft vermehrte Unterfettgewebe tatsächlich zu verringern. Ab einem Lipödem Stadium II hat sich zusätzlich zu den konservativen Maßnahmen eine gezielte Fettabsaugung bewährt. Dabei werden die krankhaften Fettmassen mit einer sehr dünnen, vibrierenden Sonde abgesaugt. Keine Angst, du merkst davon gar nichts, denn die Liposuktion findet unter örtlicher Betäubung statt.
Durch eine Lipödem-Operation kann es gelingen, die normalen Körperformen wiederherzustellen und die Beschwerden dauerhaft zu lindern. Danach kann es aber bis zu einem Jahr dauern, bis der Heilungsprozess komplett abgeschlossen ist. Manchmal ist es auch noch notwendig, Kompressionsstrümpfe zu tragen. In jedem Fall ist es jedoch total wichtig, weiter auf das Körpergewicht zu achten, denn das Lipödem kann sich bei Übergewicht erneut bilden. Dann kann die Liposuktion Mobilität und Lebensqualität deutlich steigern.
Wenn du überlegst, eine Liposuktion durchführen zu lassen, informiere dich unbedingt vorher über die anfallenden Kosten. Nur wenn ein Lipödem Stadium III diagnostiziert wurde, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Liposuktion - und auch diese Kostenübernahme ist bis 2024 begrenzt. Für eine Fettabsaugung bei einem Lipödem Stadium II übernehmen die Krankenkassen nur in Ausnahmefällen und auf Antrag die Kosten.
Fazit:
Das Lipödem ist eine chronische und fortschreitende Erkrankung: Wenn du nichts dagegen unternimmst, wird sie zwangsläufig voranschreiten. Es gibt aber diverse Möglichkeiten, der Krankheit entgegenzuwirken. Zwei- bis dreimal pro Woche Sport treiben, die Kompressionstherapie konsequent durchführen und auf das Gewicht achten – so ist auch mit einem Lipödem ein relativ beschwerdefreies Leben möglich.