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Active Listening

Personalisierte Werbung: Hört dein Handy dich wirklich ab?

  • Aktualisiert: 26.02.2024
  • 17:39 Uhr
  • Julia Wolfer
Das Handy hört heimlich mit - urbaner Mythos oder Realität?
Das Handy hört heimlich mit - urbaner Mythos oder Realität?© Imago Images / Westend61

Du sprichst über etwas – und kurz danach zeigt das Smartphone die dazu passende Werbung an: Hört das Handy etwa mit? Ob das ein Mythos oder doch Realität ist und wie du dich schützen kannst.

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Handy hört mit: Das Wichtigste zum Thema

  • Kaum hat man über ein bestimmtes Produkt gesprochen - schon taucht die passende Werbeanzeige bei Facebook und Co. auf. Wie kann das sein?

  • Schnell steht der Verdacht im Raum, dass uns Konzerne durch unsere Smartphones heimlich belauschen, um an werberelevante Informationen zu kommen.

  • Technisch ist es möglich, dass unsere Digitalgeräte zu Abhörwanzen werden.

  • Bislang gibt allerdings keine Beweise, dass die Werbung von Konzernen tatsächlich auf Lauschangriffen beruht.

Angeblich geplante Abhör-Aktion einer Werbefirma

Das Gerücht, dass uns Google, der Facebook-Mutterkonzern Meta und andere Firmen für passende Werbeanzeigen heimlich abhören, hält sich seit Jahren. Befeuert wurde der Verdacht kürzlich von einer Meldung des Medienunternehmens 404 Media.

Demnach wollte das US-amerikanische Unternehmen Cox Media Group (CMG) einen Service namens "Active Listening" anbieten. Das Tool soll Firmenkund:innen ermöglichen, die Gespräche von Nutzer:innen per Smartphone, Smart-TV und andere Geräte abzuhören, um gezielte Werbung zu erstellen. Zu den Kunden der Firma sollen unter anderem Amazon, Microsoft und Google zählen.

Die gesammelten Daten sollten demnach von einer künstlichen Intelligenz (KI) auf werberelevante Inhalte analysiert werden. Weitere Details gab der Konzern dazu nicht preis. Aus Sicht von CMG war der Service nicht illegal, da Verbraucher:innen bei Downloads und Updates von Apps den AGB zustimmen müssen.

Es wird bezweifelt, dass CMG "Active Listening" tatsächlich in dieser Form anbieten dürfte. Nach kritischen Medienberichten ruderte der Konzern aber schließlich zurück: Man höre keine Gespräche ab, hieß es in einer Stellungnahme. Die Daten, die von verschiedenen Plattformen mit Zustimmung der Nutzer:innen gesammelt werden, würden in anonymisierte Informationen für Werbekunden umgewandelt.

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Kann das Handy theoretisch mithören und personalisierte Werbung ausspielen?

Dass uns Mobiltelefone heimlich belauschen und aus persönlichen Gesprächen werberelevante Informationen herausfiltern, ist technisch möglich:

👂 Geben wir Apps die Berechtigung, können sie auf das Mikrofon des Smartphones zugreifen - und diese Berechtigung geben wir ihnen oft bereitwillig, wenn wir die Apps installieren.

Bislang gibt es keine Beweise dafür, dass diese Abhörpraxis von den großen Konzernen tatsächlich angewendet wird. Google und Facebook-Mutterkonzern Meta beantworten die Frage, ob sie Nutzer:innen für passende Werbung abhören, wiederholt klar mit Nein. In den AGB der Plattformen ist davon ebenfalls nichts zu finden.

Auch verschiedene Expert:innen, darunter Forscher:innen für IT-Sicherheit der Ruhr-Universität in Bochum, fanden bei einer Untersuchung verschiedener Apps keine Hinweise auf heimliche Mikrofon-Aktivitäten. Zum gleichen Ergebnis kamen auch eine Studie der Northeastern University und der UC Santa Barbara, der Chaos Computer Club (CCC) und verschiedene Medien.

Es gibt eine Reihe von Gründen, die gegen einen geheimen "Lauschangriff" durch Facebook und Co. sprechen:

  • Expert:innen argumentieren, dass bei permanenter Überwachung stundenlange Audio-Aufzeichnungen und gigantische Datenmengen entstünden. Diese an Konzerne wie die Facebook-Mutter Meta zu übermitteln, würde das Datenvolumen massiv belasten.
  • Der Handyakku wäre in kürzester Zeit leer gesaugt, wenn unser Smartphone tatsächlich routinemäßig Gespräche belauschen und übermitteln würde. Das dürfte bei Handy-Nutzer:innen nicht unbemerkt bleiben.
  • Auch, dass Handy-Apps - ähnlich wie Smart Speaker - nur auf Schlüsselwörter anspringen, halten manche Expert:innen für unrealistisch. Um wirklich passgenaue Werbung ausspielen zu können, müsste die Apps auf Millionen bis Milliarden verschiedene Schlüsselwörter reagieren.
  • Darüber hinaus halten es Fachleute für eine kaum zu bewältigende Aufgabe, die Milliarden Audio-Aufzeichnungen von Nutzer:innen tatsächlich auf werberelevanten Inhalten zu analysieren. Diese Art der Dauerüberwachung wäre aus Sicht der Konzerne schlichtweg ineffizient - zumal die Konzerne auch so genug Daten über uns sammeln.
  • Neuere Google- und Apple-Betriebssysteme (ab Android 12 und iOS 14) lassen inzwischen auch nicht mehr zu, dass im Hintergrund laufende Apps unbemerkt auf Mikrofon oder Kamera zuzugreifen. Mit sogenannten Privacy Indicators (einem gelbengrünen oder roten Punkt in der Statusleiste) wird angezeigt, ob eine App gerade live auf Mikrofon oder Kamera zugreift.

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Wie kann es dann sein, dass passende Werbung ausgespielt wird?

Es gibt zwei mögliche Erklärungen, warum uns die ausgespielte Werbung verdächtig passend erscheint:

  1. Uns wird permanent Online-Werbung angezeigt. Meist ignorieren wir sie. Interessieren wir uns aber tatsächlich für das beworbene Produkt, fällt uns die Werbung eher ins Auge. Möglicherweise war die Werbung für den Thailand-Urlaub oder das Küchengerät schon vorher in unserer Timeline - wahrgenommen haben wir sie aber erst, als wir über eine Reise oder den Kauf eines Küchengeräts nachgedacht haben. Psycholog:innen nennen das kognitive Verzerrung.
  2. Facebook, Instagram, Google und Co. wissen, wen wir kennen, wo wir sind, wonach wir suchen und was wir gut finden. Diese Informationen geben wir ihnen, wenn wir ihre Plattformen nutzen. Auch auf anderen Seiten sind Like-Buttons und Facebook-Pixel integriert – wir müssen also nicht einmal eingeloggt sein, um Informationen mit dem Konzern zu teilen. Mit diesem wertvollen Wissen ist es leicht, gezielte Werbung für passende Produkte ausspielen.

➡️ Treffen wir Freunde, die kurz zuvor im Internet ein Produkt gekauft haben, spielt uns Facebook vielleicht Werbung zu genau diesem Produkt aus - auf Basis unseres Adressbuchs, unserer Facebook-Freundschaften und Standortdaten. Dafür müssen wir also nicht aktiv mit Freunden in Anwesenheit des Handys über das Produkt unterhalten. Tun wir es aber doch, fällt uns die Werbung anschließend eher ins Auge. So kann der Eindruck entstehen, abgehört worden zu sein.

So machst du dein Handy abhörsicher

Beweise, dass Google, Meta und Co. uns heimlich abhören, gibt es nicht. Das überzeugt aber nicht alle Nutzer:innen - immerhin haben sich die Konzerne über die Jahre einen Ruf als Datensammler aufgebaut. Wie viele Daten wir den Konzernen überlassen, haben wir aber zum Teil selbst in der Hand.

🎤 Meist geben wir den Apps bei der Installation freimütig Zugriffsrechte, die für die Nutzung der App nicht immer notwendig sind. Daher empfiehlt es sich, einen Blick auf die AGB zu werfen. Interessiert dich vor allem für den Zugriff auf das Mikrofon, kannst du die AGBs auch per Suchfunktion speziell danach durchsuchen. Hellhörig solltest du werden, wenn eine App Mikrofon-Rechte verlangt, obwohl sie für die Nutzung der App nicht notwendig sind.

Zugriffsrechte lassen sich auch im Nachhinein noch widerrufen. In jedem Smartphone lässt sich überprüfen, welche Apps Zugriff auf Mikrofon, Kamera oder Standort haben. In den Einstellungen kannst du den einzelnen Apps Zugriffsrechte nachträglich gewähren oder entziehen, indem du das Häkchen an der entsprechenden Stelle setzt oder entfernst.

  • Bei Android-Smartphones findest du die Zugriffserlaubnis über 📁 Einstellungen → Apps → Name der App (zum Beispiel Facebook) → Berechtigungen
  • Bei iPhones und iPads findest du die Zugriffsrechte über 📁 Einstellungen → Datenschutz → Mikrofon

Der Flugmodus ist dein Handy nicht "abhörsicher". Über GPS können weiter zum Beispiel Standortdaten gesammelt werden. Um ganz sicherzugehen, kannst du alternativ die App natürlich auch jederzeit deinstallieren.

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