"Inventing Anna" und Co.
"Zervakis & Opdenhövel. Live." über die Faszination von Verbrechen, Betrug und True-Crime-Formaten
- Veröffentlicht: 24.02.2022
- 13:55 Uhr
- bs
Eine Miniserie über die High Society-Betrügerin Anna Sorokin geht aktuell bei Netflix durch die Decke. Das ProSieben-Journal spürt dem Hochstapler-Phänomen nach: Warum begeistern wir uns so für die Nepper, Schlepper und Bauernfänger dieser Welt?
- Jeden Mittwoch: "Zervakis & Opdenhövel. Live." ist das neue Journal auf ProSieben.
- Moderiert wird das Format von Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel.
- Zu Gast im Studio am 23. Februar: Verbrechens-Podcaster Philipp Fleiter.
"Inventing Anna" und die Faszination für Betrüger:innen
Ihre Geschichte liest sich wie eine neue Variante des literarischen Hochstaplers Felix Krull: Anna Sorokin, 1991 in einem Moskauer Vorort geboren, danach im deutschen Eschweiler aufgewachsen, neppte mit gerade mal 25 Jahren die New Yorker Society, lebte als Millionenerbin Anna Delvey wochenlang in den besten Hotels von Manhattan, shoppte endlos, schmiss sensationelle Partys – und das alles stets, ohne tatsächlich für ihren First-Class-Lifestyle zu zahlen.
2017 flog die Super-Schwindlerin auf, Anna Sorokin wurde wegen Betrugs verurteilt. Ihre Haftstrafe endete im Februar 2020. Mit den 320.000 US-Dollar, die Sorokin von Netflix für die Exklusivrechte an ihrer Story erhielt, hat die junge Frau inzwischen ihre Schulden bezahlt. Angesichts des aktuellen Erfolgs der Serie "Inventing Anna" hat Netflix ein extrem gutes Geschäft gemacht. Sorokin hingegen hat womöglich erstmals in ihrem Leben zu niedrig gepokert.
Im Clip: Faszination True Crime – Philipp Fleiter & Lydia Benecke im Talk
"Zervakis & Opdenhövel. Live.": Was denkt Anna Sorokin über Anna Delvey?
#ZOL traf Anna Sorokin, nachdem diese aus der Haft entlassen worden war. Nein, sagt sie über sich, sie sei keine schlechte Person. "Ich wusste eben schon immer, was ich will – und wie ich es bekommen kann." Sie haben einen "regelrechten Tunnelblick" auf das gehabt, was sie haben wollte. Und das war vor allem: Luxus. Und Ruhm.
Ihr Praktikum in der Pariser Redaktion des Fashion-Magazins "Purple" wurde für Sorokin – die sich inzwischen Anna Delvey nannte – zum Sprungbrett in die Welt der Reichen und Schönen. In New York schien sie endlich am Ziel angekommen. Nun führte sie das Leben, von dem sie immer geträumt hatte. Einziger Schönheitsfehler: Es war alles Fake. Ihr Name, ihre Story, ihre Kontoauszüge, ihre Schecks – alles falsch.
Im Clip: Wie tickt die echte Anna Sorokin?
Das Hochstapler-Phänomen: True-Crime-Verfilmungen im Trend
Die Miniserie "Inventing Anna" ist keine Eintagsfliege. "Catch me if you can", die Doku-Serie "Don't F*** with Cats" oder die Netflix-Produktion des "Tinder Swindler" beweisen allesamt: Die Menschen lieben True Crime-Verfilmungen. Warum ist das so? Philipp Fleiter, Podcaster ("Verbrechen von Nebenan") und Radiojournalist, sieht Geschichten wie die von Anna Delvey als Varianten der "Tellerwäscher"-Legende an: Aus dem Nichts nach ganz oben an die Spitze geschwindelt – das klingt einfach zu schön, um nicht hinzuschauen.
Kriminalpsychologin Lydia Benecke glaubt, dass das Publikum vor allem von der Dreistigkeit der Hochstapler:innen fasziniert sei. Allerdings werde darüber der finanzielle und auch emotionale Schaden, den Menschen wie Anna Sorokin angerichtet haben, vergessen. Faszinierend ist allerdings auch, dass die Betrüger:innen nach ihrer Zeit hinter Gittern oft auch wieder auf die Füße fallen. Sorokin etwa hat nun ihre Schulden zurückgezahlt – "alles, was jetzt kommt, ist plus", sagt Philipp Fleiter.
Betrüger:innen auf den Leim gehen – davor ist niemand gefeit
Dank Netflix hat Anna Sorokin außerdem nun das, was sie neben Geld auch immer wollte: weltweiten Ruhm. Dass ein großer Betrug das Fundament ihrer Bekanntheit ist, gerät nun in Vergessenheit. Erfolgreiche Hochstapler sind stets auch erfolgreiche Manipulatoren, erklärt Psychologin Benecke, "sie machen sich die Emotionen der Menschen zu Eigen". Und diese Fähigkeit bleibt ihnen auch nach der Haftstrafe.
Vor Betrug sei wohl kaum jemand gefeit, glaubt die Kriminalpsychologin: "Alle Menschen sind für positive Zuwendung, für Freundschaften empfänglich. Und genau das nutzen solche Menschen aus."
Jetzt die ganze Sendung ansehen: "Zervakis & Opdenhövel. Live." vom 23. Februar 2022.
Welche Themen werden Linda und Matthias in der nächsten Folge am 2. März aufgreifen? Das siehst du am kommenden Mittwoch bei "Zervakis & Opdenhövel. Live." um 21:25 Uhr auf ProSieben und auf Joyn.