Offene Kommunikation
Männer verstehen: Darum reden sie selten über ihre Gefühle
- Aktualisiert: 11.03.2024
- 17:11 Uhr
- Elisa Ascher
Wenn es um Gefühle und persönliche Empfindungen geht, tun sich Männer oft schwer damit, darüber zu reden. Was dahintersteckt und warum es so wichtig ist, sich endlich zu öffnen.
Lust auf mehr taff?
➡ Schau dir jetzt auf Joyn die neueste Folge an!
Darum fällt es Männern schwer, über Gefühle zu sprechen
Gefühle wahrzunehmen, sie zu akzeptieren und über sie zu sprechen, ist für viele Frauen vollkommen normal, für Männer leider immer noch sehr oft problematisch. Klingt nach einem Klischee? Ist aber wissenschaftlich bewiesen. Doch woran liegt es, dass es Männern so schwerfällt, sich über ihr Innerstes auszutauschen? Es ist das Ergebnis einer langen patriarchalen Geschichte.
Nicht nur Frauen haben mit traditionellen Geschlechterrollen zu kämpfen, auch für viele Männer sind sie eine enorme Belastung. Männer müssen stark sein und dürfen sich nicht in ihren Emotionen verlieren - akzeptable Ausnahmen sind beispielsweise Wut und Zorn. Über Jahrtausende wurde ihnen beigebracht, dass sie nur so ihre Interessen durchsetzen könnten. Frauen waren diese Emotionen jedoch untersagt, sie durften sich nur Gefühlen widmen, die die männliche Herrschaft nicht bedrohten.
Im Clip: So erkennst du, ob seine Gefühle aufrichtig sind
Wenn Männer lieben: 5 Anzeichen, dass seine Gefühle aufrichtig sind
Du zweifelst an seiner Liebe? Wer hat in eurer Beziehung mehr Gefühle? Mach den Check! Auch Verlustangst kann eine Ursache problematischen Verhaltens sein. Typische Symptome von Bindungsangst und wie man sie überwinden kann. Außerdem: Beziehungskiller für Männer - das sind die größten Tabus!
Die Sozialisierung als Ursache der männlichen Nicht-Kommunikation
Falsche Vorbilder, das gesellschaftliche Umfeld und feste Rollenstrukturen haben laut dem Persönlichkeitsberater Björn Süfke Männer entmutigt, über ihre eigenen Gefühle zu reden oder sie überhaupt wahrzunehmen. Laut Expert:innen gibt es zum Beispiel nur wenige Männerfreundschaften, in denen wirklich offen über die eigenen Gefühle gesprochen wird. Man tauscht sich über Oberflächlichkeiten aus und Probleme werden nur beiläufig erwähnt. Zwar lässt sich hier aktuell ein deutlicher Wandel wahrnehmen, der steht allerdings immer noch am Anfang und braucht Zeit. Natürlich lassen sich Verhaltensstrukturen nicht so schnell aufbrechen, nachdem sie sich über so viele Jahre aufgebaut und verfestigt haben.
Den meisten Menschen wurde schon früh ein geschlechtsstereotypes Verhalten anerzogen, das nachhaltig, sowohl auf bewusster als auch unterbewusster Ebene, wirkt. Es braucht enorm viel Aufklärungsarbeit, bevor es für Männer zur Normalität wird, Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Wer gelernt hat, Gefühle ständig abzuwehren, muss erstmal lernen, sie zuzulassen. Das ist laut Süfke der erste Schritt in die richtige Richtung. Das Ziel einer jeden Gesellschaft und Generation sei es also, Rollenbeschränkungen zu überwinden und sich von Stereotypen freizumachen.
Lernen, über die eigenen Gefühle zu sprechen
Unterdrücken wir dauerhaft unsere Gefühle, hat das Konsequenzen:
- eingeschränkte Persönlichkeitsentwicklung
- aufgestaute Emotionen
- psychische sowie körperliche Probleme
- Rückfall in alte Muster
- Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen
Wer sein Innenleben mit anderen teilt, lernt Vertrauen zu fassen, gewinnt neue Perspektiven und kann zu sich selbst finden. Für jeden Menschen ist das nur von Vorteil. Das bedeutet nicht, dass man sich jeder Person in seinem Umfeld öffnen muss. Es ist jedoch gut, ein paar enge Freund:innen zu haben, die einem das Gefühl geben, dass die Informationen bei ihnen gut aufgehoben sind.
Der Lernprozess und die dafür benötigten Hilfsmittel sind von der Persönlichkeit abhängig. Und natürlich hat auch jeder sein eigenes Tempo, das ist vollkommen okay. Beispielsweise kann es hilfreich sein, die eigenen Gefühle (für die verschiedenen Lebensbereiche) erstmal aufzuschreiben und so zu sortieren. Außerdem hilft es, geduldig mit sich selbst zu sein, auch kleine Fortschritte zählen. Niemand ist so kritisch mit uns wie wir selbst. Den Reflexionsprozess können auch Psycholog:innen unterstützen, die Wege aufzeigen, sich anderen gegenüber zu öffnen und Gefühle auszuleben.