Nase voll von Corona? Warum sich manche nicht mehr an die Regeln halten
- Veröffentlicht: 26.10.2020
- 13:00 Uhr
- Galileo
Immer häufiger wird Kritik an den Corona-Maßnahmen laut. Experten bemängeln, dass sich viele Menschen nicht mehr konsequent an die Hygiene- und Abstandsregeln halten. Dahinter steckt ein Phänomen aus der Psychologie: die Reaktanz. Was das bedeutet und warum diese Haltung zu einem weiteren Anstieg der Neuinfektionen führen könnte.
Das Wichtigste zum Thema Verstöße gegen Corona-Sicherheitsmaßnahmen
Nach einem Sommer mit vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen steigen die Fälle derzeit wieder stark an. Vielerorts wurden Gebiete zu Risikogebieten erklärt und es gelten strengere Corona-Regelungen.
Das Problem: Die Akzeptanz gegen die Maßnahmen sinkt. Erkennbar an Demonstrationen und eingereichten Klagen beim Bundesverfassungsgericht. Zudem steigt die Zahl der Verstöße gegen die Corona-Beschränkungen.
Warum es manchen so schwer fällt, sich weiterhin an die Social-Distancing-Vorgaben zu halten - und wie man selbst damit wiederum umgehen kann, erfährst du auf der Seite.
Wohnst du in einem Risikogebiet?
Corona-Risikogebiete: Zählt deine Region dazu?
Reaktanz - das steckt dahinter
😫 Sollen sich Menschen an Vorschriften halten, empfinden einige dies als Einschränkung ihrer Freiheit und widersetzen sich. Das erinnert an das Trotzverhalten kleiner Kinder.
🎨 Experimente zeigen: Je strikter die Verbote, desto stärker die Verstöße. Auf Wänden mit strengen Verbot-Hinweisen finden sich anschließend mehr Graffitis als auf Flächen ohne oder mit freundlichen Bitten, es zu lassen.
🧠 Jugendliche erliegen schneller dem Reiz des Verbotenen. Auch aus medizinischen Gründen: In diesem Lebensabschnitt kommt es zu starken Veränderungen im Gehirn, genauer: im präfrontalen Kortex. Sich an Regeln zu halten, fällt in dieser Phase nachweislich schwerer.
👨👨👧 Warum und wie stark Menschen eine reaktante Einstellung entwickeln, ist nicht allgemeingültig geklärt. Offenbar spielen die Erziehung, aber auch persönliche Erlebnisse eine Rolle.
🙄 Klar ist dagegen: Je nachlässiger die Menschen mit den Corona-Maßnahmen umgehen, desto höher ist das Risiko für einen weiteren Anstieg der Neuinfektionen.
Das rät Prof. Nico Bunzeck, Psychologe an der Universität Lübeck
💬 Kritiker und Krisen-Leugner lassen sich am ehesten durch Familie und Freunde von ihrem Verhalten abbringen. Deshalb sollten diese Menschen nicht müde werden, ruhig und überzeugend zu intervenieren.
💬 Wütende oder aggressive Ansprachen führen eher zu zusätzlicher Verweigerung oder reaktantem Verhalten. Besser: Haben Sie Verständnis, dass es manchen Menschen schwerer fällt, sich an Regeln zu halten. Diese Situation ist für uns alle belastend. Jeder reagiert da anders.
💬 Gerade Jugendlichen fällt es leichter, sich an Vorbildern zu orientieren. Sporttrainer, aber auch Prominente können daher gute Botschafter sein und andere animieren, sich weiterhin an die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln zu halten.
💬 Hilfreich kann es zudem sein, Personen freundlich auf ihr unangebrachtes Verhalten hinzuweisen. Das ist auch gut gegen das eigene Ohnmachtsgefühl, nichts ändern zu können.
Das wird teuer - nach wie vor drohen bei Verstößen Bußgelder:
Derzeit sind die Hygiene- und Abstandsregeln auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wieder besonders wichtig.
Wer gegen sie verstößt, riskiert ein Bußgeld. Wie hoch das ist, wird im Normalfall in der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) bundeseinheitlich geregelt - nicht so bei Corona. Hier entscheidet aktuell jedes Bundesland in eigener Verantwortung. Hier erfährst du, was der deutsche Föderalismus mit dem vermeintlichen Corona-Chaos zu tun hat.
Hamburg hat beispielsweise das Bußgeld bei Verstößen gegen die Maskenpflicht bereits verdoppelt. Hier muss jeder Maskenverweigerer seit dem 10. September 80 Euro Strafe zahlen, wenn er in Bus, Bahn oder Supermärkten keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt. Wie hoch die Strafen in den einzelnen Bundesländern ausfallen, erfährst du hier.