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Personalmangel bei der Bundeswehr

Wiedereinführung der Wehrpflicht: Das spricht dafür und dagegen

  • Aktualisiert: 11.03.2024
  • 12:28 Uhr
  • Galileo
Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt bis zum 1. April verschiedene Modelle der Wehrpflicht prüfen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt bis zum 1. April verschiedene Modelle der Wehrpflicht prüfen.© picture alliance / dpa

Die Wehrpflicht in der Bundeswehr ist derzeit nur ausgesetzt. Jetzt gibt es Überlegungen, sie wieder einzuführen. Aber warum eigentlich, was sind die Vor- und Nachteile und wer wäre davon betroffen?

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Das Wichtigste zum Thema Wiedereinführung der Wehrpflicht

  • Verteidigungsminister Boris Pistorius hat in einem Interview im Januar 2023 erklärt, dass die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ein Fehler gewesen sei.

  • Diese Aussage sorgte für das Aufleben einer immer wieder geführten Debatte: Soll die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst wieder eingeführt werden.

  • Aktuell prüft Pistorius unterschiedliche Modelle. Sein Vorbild: Schweden. Dort werden Männer und Frauen auf Fitness geprüft. Zehn Prozent der Kandidat:innen werden ausgewählt.

Die Wehrpflicht in Deutschland

Die Wehrpflicht in der Bundeswehr war zuletzt 2010 aktiv. Damals wurden nur Männer eingezogen - etwa 60.000. Der Wehrdienst (oder der Ersatzdienst) dauerte sechs Monate. In den 70er-Jahren waren es noch 18 Monate.

Während des Kalten Krieges galt die Wehrpflicht als wichtige Maßnahme gegen eine mögliche Bedrohung. In den 90er-Jahren war die Bedrohung zurückgegangen - und zu wenige Wehrpflichtige kamen überhaupt in die Bundeswehr. Eine Wehrgerechtigkeit war daher nicht mehr gegeben. Klagen für die Wehrgerechtigkeit schienen 2010 nur eine Frage der Zeit.

Zum 1. Januar 2011 wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Sie steht weiterhin im Grundgesetz und ist damit nicht abgeschafft. Derzeitig gibt es noch einen freiwilligen Wehrdienst - den derzeit etwa 9.200 Wehrdienstleistende absolvieren.

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Im Video: So ist die Wehrpflicht in Israel organisiert

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Argumente für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und des Zivildienstes

✔️ Verteidigungsminister Pistorius betonte, eine Wehrpflicht stärke die Bindung zwischen Gesellschaft und Bundeswehr: "Unsere Parlaments-Armee gehört in die Mitte der Gesellschaft."

✔️ Sollte Deutschland tatsächlich militärisch angegriffen werden, wäre eine Wehrpflicht zentraler Baustein für eine Verteidigungsstrategie. Nur so wären genügend Menschen für grundlegende Aufgaben innerhalb der Bundeswehr vorbereitet.

✔️ Gerade Menschen, die selbst noch Zivildienst geleistet haben, betonen oft, welch wichtige Erfahrung diese Zeit für sie gewesen sei. Der Dienst für den Staat hat in der Vergangenheit Einblicke ermöglicht, die es ohne diese Dienstpflicht nicht gegeben hätte.

✔️ So könnte ein Zivildienst in sozialen Berufen wie der Pflege für Entlastung sorgen. Wenngleich das keine Lösung für die Grundprobleme des Gesundheitssystems darstellen würde: Aushelfende für einige Monate können keine ausgebildeten Fachkräfte ersetzen.

✔️ Expert:innen zweifeln immer wieder am Argument, ein Jahr Wehrpflicht würde jungen Menschen ein Jahr ihres Berufslebens kosten. So würden zahlreiche Jugendliche nach der Schule schon heute ein freies GAP-Jahr einschieben, bevor sie ins Berufsleben starten würden.

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Die Bundeswehr heute

Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 wurde Bundeswehr von einer Wehrpflichten-Armee zur Berufsarmee umgebaut.

Die Bundeswehr besteht heute aus etwa 183.000 Soldat:innen. Zum Vergleich: 2010 im Jahr vor der Aussetzung der Wehrpflicht lag die Zahl noch bei 220.000.

Argumente gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und des Zivildienstes

❌ Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht würde viel Geld kosten: So müssten Strukturen wie Kreiswehr-Ersatzämter zur Musterung neu aufgebaut werden. Außerdem müssten sowohl Ausrüstung als auch Aufgaben für Wehrpflichtige wieder beschafft und geschaffen werden.

❌ Die Wehrgerechtigkeit wäre weiterhin nicht gegeben: So werden pro Jahr in Deutschland etwa 700.000 Menschen 18 Jahre alt. Zur Bundeswehr eingezogen würde aber nur ein Bruchteil.

❌ Die Bundeswehr und Armeen im Allgemeinen haben sich im Vergleich zu den 90er-Jahren stark verändert. So wird heute viel mehr auf Hightech gesetzt. Innerhalb eines Wehrdienstes könnten keine Experten für komplexe moderne Waffen-Systeme ausgebildet werden, betonen Militärexpert:innen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner argumentierte, eine Rückkehr zur Wehrpflicht würde einen ganzen Jahrgang vom Arbeitsmarkt abhalten und zusammen mit dem Fachkräftemangel für wirtschaftlichen Schaden sorgen.

❌ Eine Alternative zur Wehrpflicht sehen Beobachter:innen in der Erhöhung der Attraktivität von Freiwilligen-Diensten. Ebenso könnte laut Verteidigungs-Politiker:innen der Beruf Soldat:in attraktiver gemacht werden.

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So handhaben andere Länder eine Wehrpflicht

🇦🇹 Der Grundwehrdienst in Österreich gilt für alle männlichen Staatsbürger zwischen 17 und 35 Jahren. Sie werden für sechs Monate einzogen alternativ gibt es auch einen Zivildienst. Kritik wird immer wieder an der fehlenden Gleichberechtigung geäußert.

🇳🇴 In Norwegen gibt es eine Wehrpflicht, aber von den etwa 70.000 gemusterten Männern und Frauen würden nur 15.000 einzogen. Einen Ersatzdienst muss niemand ableisten.

🇸🇪 Nach sieben Jahren Aussetzung wurde in Schweden 2017 die Wehrpflicht wieder eingeführt. Pro Jahr müssen etwa 4.000 Frauen und Männer für elf Monate ihren Wehrdienst ableisten.

🇮🇱 In Israel werden fast alle wehrpflichtigen Männer und Frauen einzogen. Frauen müssen zwei Jahre Dienst in der Armee leisten, Männer für zweieinhalb Jahre.

🇺🇸 Die meisten NATO-Staaten hatten schon lange vor Deutschland auf Berufsarmeen gesetzt. Die USA beispielsweise bereits 1973, viele andere Staaten nach dem Ende des Kalten Krieges.

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