Der wilde Waldrapp: Comeback einer fast ausgestorbenen Vogelart
- Veröffentlicht: 12.11.2020
- 12:00 Uhr
- Heike Predikant
In Mitteleuropa wurde er im 17. Jahrhundert ausgerottet, nun soll der Waldrapp wieder heimisch werden. Wie das gelingt, erfährst du hier. Und wir verraten dir auch, warum der "Mähnen-Ibis" ein ziemlich wilder Vogel ist.
Das Wichtigste zum Thema Waldrapp
Der schwarzgefiederte Vogel gehört zur Familie der Ibisse. Die Männchen erreichen eine Körperlänge von rund 75 Zentimetern, die Weibchen kommen auf etwa 60 Zentimeter. Gewicht: bis zu 1,5 Kilo.
Einen Schönheitspreis gewinnen die Tiere eher nicht: Beine, Hals und Kopf sind kahl. Obenrum sprießen lediglich extrem verlängerte Nackenfedern, die wie ein "Irokesen-Schopf" aussehen.
Der "Mähnen-Ibis" ernährt sich von Kleintieren wie Insekten, Würmer und Schnecken. In Gewässer-Nähe stehen auch Lurche und kleine Fische auf seinem Speiseplan.
Bis ins 17. Jahrhundert war der Waldrapp in Mitteleuropa verbreitet. Da sein Fleisch jedoch als Delikatesse galt, wurde er gejagt und letztlich ausgerottet. Inzwischen gibt es verschiedene Projekte zur Wiederansiedelung (siehe unten).
In freier Wildbahn oder in halbwilden Kolonien leben in Marokko, der Türkei und in Syrien insgesamt** um die 1.000 Waldrappe**. In Gefangenschaft werden etwa 2.000 Exemplare gehalten.
Die Wiederansiedelung der Waldrappe
Der Waldrapp zählt zu den am stärksten bedrohten Vogelarten weltweit. Im Rahmen eines LIFE+EU-Projekts und unterstützt vom World Wide Fund For Nature (WWF), soll der Vogel wieder in Europa angesiedelt werden.
Dafür zieht man Nachzuchten aus österreichischen Zoos auf und begleitet sie mit Ultraleichtflugzeugen über die Alpen in ihr italienisches Winter-Quartier bei Orbetello in der Toskana. Mit dem Ziel, dass die Ibisse von dort im Frühling mit ihren freilebenden Artgenossen selbständig zurückfliegen - und so wieder zwischen dem nördlichen Alpenvorland und Italien pendeln. Brutkolonien wurden in Überlingen (Baden-Württemberg), Burghausen (Bayern) und Salzburg (Österreich) gegründet.
Damit die Tiere ein Zugverhalten wie ihre Vorfahren zeigen, werden sie von menschlichen Zieheltern geschult. Im Trainings-Camp in Überlingen absolvieren die Jungvögel Flugstunden und lernen, einem Fluggerät zu folgen.
Erfolge gab es bereits: 2019 kehrte erstmals ein Jungspund nach Überlingen zurück. 2020 fanden 12 geschlechtsreife Waldrappe zielsicher ihren Weg nach Hause.
Sieh dir die große Reise der Waldrappe an
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"Hi, ich bin's!" Das Begrüßungs-Ritual der Waldrappe
Wenn sich Waldrappe an ihren Brutfelsen oder Ruheplätzen treffen, suchen sie als erstes ihren Partner. Sobald sie ihn gefunden haben, begrüßen sie ihn überschwenglich.
Dazu stellen die Vögel ihren Schopf auf, werfen den Kopf in den Nacken und verbeugen sich unter lauten Chrup-Chrup-Rufen mehrfach voreinander.
Ein Spektakel mit Sogwirkung: Beginnt ein Pärchen mit der Begrüßung, fallen auch andere Paare der Kolonie in das Ritual ein. Und das nicht nur zur Balzzeit.
Vogelwild: Was Waldrappe sonst noch so treiben
⬇️ Mit ihrem 12 bis 14 Zentimeter langen Schnabel stochern die Vögel im Boden nach Nahrung. Die Erfolgsquote ist hoch, denn die "Sichel" verfügt über einen Tastsinn.
⚔️ Wenn Nester bedrängt oder Nist-Materialien gestohlen werden, kann es zu Schnabelkämpfen kommen. Da es sich dabei aber um ritualisierte Gefechte handelt, bleiben Verletzungen üblicherweise aus.
👨❤️👨 Außerhalb der Brutzeit bauen männliche Waldrappe mitunter Männerfreundschaften auf. Dann helfen sich die Kumpels beispielsweise gegenseitig bei der Pflege des Gefieders.
🐣 Waldrappe brüten einmal pro Jahr zwei bis vier Eier aus - in Felswänden und an Steilküsten. Daher müssen die Elternvögel wahre Flugkünstler sein. Fair sind sie auch zueinander und wechseln sich beim Füttern des Nachwuchses ab.
©️ Wo die Vögel einst zu Hause waren, haben sie Spuren hinterlassen. Das Schweizer Örtchen "Rapperswill" ist nach ihnen benannt. Und auch die "Rappinschlucht" in Bayern mit der dazugehörigen "Rappinalm".