Ameisen, Ratten oder Hunde: Sie riechen, wenn du krank bist
- Veröffentlicht: 28.06.2022
- 08:45 Uhr
- Sven Hasselberg
Dank ihrer fabelhaften Nase können Vierbeiner und Insekten Tuberkulose, Krebs und sogar Corona erschnüffeln. Wir erklären, welche Tiere welche Krankheiten wie erkennen.
Das Wichtigste zum Thema Tierische Diagnosen
Das große Krabbeln der Ameisen könnte in Zukunft nicht nur deren Staat am Laufen halten, sondern auch Patient:innen helfen. Eine Studie der Pariser Universität Sorbonne von 2022 zeigt, dass sie Krebszellen von gesunden Zellen unterscheiden können.
Damit reihen sich die Insekten unter bekannte tierische Diagnose-Helfer ein. Denn Krankheiten produzieren flüchtige organische Verbindungen, die den Geruch eines Menschen verändern. Tiere können diesen von einem "gesunden Duft" unterscheiden.
Riesen-Hamsterratten erschnuppern Tuberkulose, Bienen erkennen Corona und Hunde sind Multitalente im Erschnüffeln von Diabetes, Epilepsie, Malaria, Corona und anderen Krankheiten
Willst du wissen, wie die Tiere den Krankheiten genau auf die Spur kommen, und wie sie dafür trainiert werden? Lies weiter. Außerdem erklären wir, wie die Medizintechnik mit elektronischen Nasen und intelligenten Sensoren die Natur imitiert.
So arbeiten Diagnose-Helfer aus dem Tierreich
Ameisen, Ratten oder Hunde: Sie riechen, wenn du krank bist
Wenn Ratten Helden werden
Die Apopo-Stiftung trainiert Riesen-Hamsterratten im Kampf gegen Tuberkulose.
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Spürnase Hund - Ein Diagnose-Multitalent
🩺 Krebs: Hunde können unterschiedliche Arten von Krebs identifizieren. So gelang es in einer US-Studie, dass Beagle Lungenkrebs anhand von Blutproben mit einer Trefferquote von 97 Prozent erkannten. Bei anderen Versuchen zeigten Hunde Prostatakrebs anhand von Urinproben oder Brustkrebs anhand von Atemproben an. Auch Darm- oder Hautkrebs riechen die Tiere dank ihrer feinen Nase.
🧦 Malaria: Diese Patient:innen erkennen die Hunde am Fußschweiß, beziehungsweise an den getragenen Socken. In einer britischen Studie wurden den Tieren die Strümpfe von Kindern aus Gambia vorgelegt. Sie erkannten 70 Prozent der Proben der Erkrankten. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kinder noch keine Symptome.
🧠 Epilepsie: Zwischen eineinhalb und zwei Jahren dauert die Ausbildung von Epilepsiewarnhunden. Das Talent einen Anfall im Vorhinein zu erkennen, bringen diese Hunde aber von Natur aus mit. Es kann ihnen nicht antrainiert werden, nur der Umgang damit. Der Hund warnt die Besitzer:innen, indem er sie anstupst oder die Pfote auflegt. Die Menschen können sich vor dem Anfall hinlegen, sodass sie Verletzungen vermeiden. Anzeigehunde können auch Hilfe holen.
🍭 Diabetes: Auch die Ausbildung von Diabetikerwarnhunden dauert bis zu zwei Jahren. Die Hunde reagieren vor einem überhöhten oder einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Sie orientieren sich am gefährlichen Sinken oder Steigen der Werte. So verhindern sie Krampfanfälle, ein Koma oder den Tod. Auch sie besitzen die Fähigkeit seit Geburt. Sie wird nicht trainiert, sondern das Verhalten als Assistenzhund. Sollte es doch kritisch werden, können die Hunde lernen, über einen Notknopf Hilfe zu rufen.
🧫 Infektionen: Bakterien verströmen ebenfalls Duftmarker, die Hunde schnell erkennen. Labradoren und Golden Retrievern gelang es in einer Studie aus Hawaii, am Urin Harnwegsinfektionen und am Atem Lungenentzündungen zu erschnuppern. Ein Beagle aus Amsterdam identifizierte auch Krankenhauskeime.
🦠 Corona: Diese Hunde rochen an Speichelproben und Sekreten aus Lunge und Bronchie. So unterschieden acht Spürhunde der Bundeswehr nach nur einer Woche Training 1.000 Proben. Sie erkannten 83 Prozent der positiven Proben und 96 Prozent der negativen Kontrollproben. Weder die Tiere noch ihre Führenden wussten, welche Proben positiv oder negativ waren. Am Flughafen Helsinki wurden Hunde bereits auf freiwilliger Basis zur Kontrolle der Passagier:Innen auf Corona eingesetzt.
Elektronische Nasen nach dem Vorbild der Natur
Die Bionik kopiert Vorbilder der Natur und setzt sie technisch um. So imitieren Roboter, oft auch mit Hilfe künstlicher Intelligenz, die das Können der Natur. Seit einigen Jahren experimentieren Forschende mit "elektronischen Nasen". Mit Hilfe von intelligenten elektronischen Sensoren konstruieren sie Maschinen, die das tierische Geruchstalent nachahmen. Auch sie analysieren die chemischen Zusammensetzungen der Geruchsproben und erstellen Diagnosen.
An der Universität Jena wollen Forschende in einem internationalen, EU-geförderten Projekt mit neu entwickelten "e-noses" die Gesundheitsüberwachung so digitalisieren. Die künstlichen Riecher könnten alleine am Geruch ein lebensrettendes Monitoring von Patient:innen übernehmen. Zur Diagnose müssten Ärzt:Innen nicht mehr invasiv in den Körper eingreifen. Diese kann früher gestellt werden und die e-nose kann die Ergebnisse auch gleich interpretieren.
Noch sind diese Erfindungen nicht serien- und marktreif. Doch die Roboter würden einige Vorteile mit sich bringen, da sie die Schwankungen von natürlichen Parametern ausschalten: Ihre Diagnosen sind nicht von der Tagesform abhängig, wie manche Tiere. Rasierwasser verwirrt sie nicht und die Veränderung des Körpergeruchs von Patient:Innen durch deren Ernährung spielt auch keine Rolle. Dadurch könnten sie die Treffsicherheit der Tiere sogar noch übertreffen.