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Macht der Gewohnheit: Warum Routine für dein Gehirn so wichtig ist

  • Veröffentlicht: 19.10.2022
  • 08:45 Uhr
  • Chris Tomas

Menschen sind Gewohnheitstiere. Eingefahrene Verhaltensweisen wird man nur schwer wieder los. Aber Routinen haben auch Vorteile! Hier erfährst du, welche - und wie du schlechte Angewohnheiten ablegst. Im Clip: Mikroabenteuer gegen Alltagsroutine.

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Das Wichtigste zum Thema Routinen

  • Denken, planen, Entscheidungen treffen: Solche Dinge kosten Kraft. 20 Prozent des täglichen Energieumsatzes entfallen auf das Gehirn. Um bei der vielen Arbeit nicht schlappzumachen, braucht es Routinen.

  • Routinen sind wie Programme, die automatisch im Kopf ablaufen. Dadurch hat das Gehirn mehr Kapazitäten für andere Dinge. Routinen machen es zum Beispiel möglich, gleichzeitig Fahrrad zu fahren und auf den Verkehr zu achten.

  • Die US-amerikanische Verhaltensforscherin Wendy Wood kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass 43 Prozent unseres täglichen Verhaltens aus Gewohnheiten besteht. Vor allem wiederkehrende Tätigkeiten im normalen Alltag wie etwa Aufstehen, Zähneputzen oder Essen sind als Routinen im Gehirn abgespeichert.

  • Weiterer Vorteil: Routinen entlasten und sparen Zeit. Ohne Autopilot wäre das Gehirn schon nach kurzer Zeit überfordert. Dank Routinen kann es aber selbst in Stress- oder Gefahrensituationen ein eingeübtes Verhalten abrufen.

  • Gewohnheiten beeinflussen nicht nur, was wir tun, sondern auch, was wir denken und fühlen. Gedankenmuster wie "Das klappt ja doch wieder nicht" oder auch Ängste können zum Beispiel zur Routine werden.

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Wie wird eine Handlung zur Routine?

Die meisten Dinge, die wir zum ersten Mal machen, machen wir bewusst. Je öfter wir sie wiederholen, desto automatischer laufen sie ab. Beim Lernen ist noch der vordere Gehirnteil aktiv, der Präfrontale Cortex. Bei Routinetätigkeiten arbeitet nur noch ein kleiner Teil ganz im Inneren des Gehirns, die Basalganglien.

Damit Routine-Programme starten, brauchen sie einen Auslöser. Steht zum Beispiel ein Teller Nudeln auf dem Tisch, gibt das Gehirn das Signal zum Essen. Ist der Teller leer, wird das Programm wieder gestoppt.

Weil das Gehirn von Routinen profitiert (Stichwort: Energiesparen), bedankt es sich dafür mit guten Gefühlen. Das Belohnungszentrum springt an und schüttet Glückshormone aus: Serotonin und körpereigene Opioide.

Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl unserer Routinen. Kinder können Verhaltensweisen eher ändern. Weil sie aber so vieles neu lernen, geben ihnen Dinge, die einem bekannten Schema ablaufen, ein Gefühl der Sicherheit.

Wo sitzen Gewohnheiten im Gehirn?

Die Grafik zeigt, welche Gehirn-Areale bei Routine-Handlungen aktiv sind und welche, wenn Gewohnheiten aufgebrochen werden oder aktive Entscheidungen getroffen werden – die Basalganglien und den Frontalkortex.
Die Grafik zeigt, welche Gehirn-Areale bei Routine-Handlungen aktiv sind und welche, wenn Gewohnheiten aufgebrochen werden oder aktive Entscheidungen getroffen werden – die Basalganglien und den Frontalkortex.© Galileo
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Basalganglien vs. Präfrontaler Cortex

Die Basalganglien sitzen im Inneren des Gehirns unter der Großhirn-Rinde. Sie bestehen aus einer Gruppe von Nervenzell-Körpern, die auch "graue Kerne" genannt werden. Bis heute weiß man sehr wenig über diesen Teil des Gehirns. Klar ist, dass er für die Regelung zahlreicher motorischer, kognitiver und limbischer Funktionen im Körper wichtig ist. Gewohnheiten, die wir im Laufe des Lebens erlernt haben, werden in diesem Gehirnareal abgespeichert.

Der Präfrontale Cortex direkt hinter unserer Stirn ist ein Teil des Frontal-Lappens und so etwas wie der Supervisor des Gehirns. Man nennt ihn auch "Stirnhirn". Hier sitzen die höheren geistigen Fähigkeiten, zum Beispiel Wahrnehmung, Bewusstsein, Verhalten, Planung und Selbstkontrolle. Der Präfrontale Cortex wird auch mit Intelligenz in Verbindung gebracht. Erst mit etwa 25 Jahren ist er fertig ausgebildet.

So gewöhnst du neue Routinen an

❗ Es ist leichter, neue Gewohnheiten zu etablieren, als alte loszuwerden. Hier ist eine Anleitung, wie es klappt - am Beispiel Joggen.

📝 Das Gehirn braucht einen Grund. Schreib dir ein konkretes Ziel auf, etwa: "Ich will fünf Kilometer am Stück laufen können." Vorsätze wie "Ich möchte nicht mehr so unsportlich sein" sind zu schwammig als Motivation.

📈 Mach dir einen Plan, wie du dieses Ziel erreichst. Jogging-Anfänger:innen zum Beispiel helfen Laufpläne zum Download, Apps oder Podcasts bei der Orientierung, was schaffbar ist. So muss das Gehirn wenig nachdenken.

😒 Fang mit überschaubaren Einheiten an und steigere dich ganz langsam. Wer sich übernimmt, muss aufgeben und fällt im Trainingsplan zurück. Das Gehirn reagiert mit Frust oder Enttäuschung - nicht hilfreich.

👟 Versuche, jedes Denken zu minimieren. Stell deine Laufschuhe gleich neben das Bett, so kannst du noch im Halbschlaf zu einer Runde starten. Mit der Zeit entsteht ein Automatismus.

🧑‍🤝‍🧑 Such dir eine:n Jogging-Parter:in oder eine Laufgruppe. Wichtig ist aber, dass die Treffen regelmäßig stattfinden und du dich zur Not auch allein aufmachst. Denn nur durch Wiederholung entstehen Gewohnheiten.

💬 Druck von außen kann in jedem Fall hilfreich sein. Erzähl Freund:innen, dass du mit dem Joggen angefangen hast: Sie werden sich bestimmt bald nach deinen Fortschritten erkundigen.

🎉 Du schaffst einen Kilometer am Stück? Feier den Zwischenerfolg, indem du dir etwas Schönes gönnst. Das Gehirn merkt sich die Belohnung.

💪 Rückschläge gehören dazu. Eine Zerrung wirft dich aus dem Plan? Wichtig ist, dass du nicht aufgibst und nach einer Schonungspause weitermachst.

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Das sind die Nachteile von Routinen

Starre Denkmuster, eingefahrenes Verhalten: Routinen haben auch ihre schlechten Seiten.

Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass wir ausgetretene Pfade nur ungern verlassen. Für das Gehirn ist es entspannend, jeden Samstag beim selben Italiener zu sitzen. Neue und vielleicht bereichernde Erfahrungen finden aber nicht statt.

Routinen fördern zudem Schubladen-Denken. Neue Informationen, Situationen oder Menschen ordnet das Gehirn am liebsten nach bekannten Stereotypen ein. Das ist nicht immer klug oder gerecht. "Think outside the box", sagt man daher im Englischen, wenn neue Denkansätze gefragt sind.

Aus manchen schlechten Angewohnheiten kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Dazu gehören unter anderem Alkohol, Glücksspiel oder ungesundes Essverhalten. Aus ungesundem Verhalten wird dann eine Krankheit mit nachhaltigen Veränderungen im Gehirn.

Im Job löst zu viel Routine oft Langeweile aus. Wer betriebsblind ist, macht auch eher Fehler: sogenannte Routinefehler. Mehr Abwechslung hingegen fördert die Konzentration.

Es lohnt sich daher, Routinen immer wieder mal aufzubrechen, etwa einen anderen Weg zur Arbeit zu nehmen oder etwas Neues auszuprobieren. Lernen schützt sogar vor Demenz, weil das Gehirn dabei trainiert wird wie ein Muskel.

Galileo

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Schlechte Angewohnheiten loswerden? Mit diesen Tricks klappt es

❗ Das Gehirn trennt sich nur sehr ungern von Routinen. Hier kommen Tipps, wie es trotzdem funktioniert:

🧐 Beobachte dich selbst: Wie viele Tassen Kaffee am Tag trinkst du genau? Wie hoch ist deine Bildschirmzeit wirklich? Das macht dir die Programme bewusst, die im Gehirn ablaufen.

Erkenne die Auslöser für das Verhaltensmuster. Langweile? Stress? Unsicherheit? Bestimmte Menschen? Schreib auf, was schlechte Angewohnheiten triggert.

Finde einen Ersatz. Jeden Nachmittag packt dich der Heißhunger auf Süßes? Trink stattdessen einen Espresso. Die Ersatzhandlung sollte kein Notnagel sein, sondern ebenfalls gute Gefühle wecken.

🥳 Belohn dich für Erfolge. Wie wäre es mit einem neuen paar Schuhe für einen rauchfreien Monat? So lernt das Gehirn, dass sich die neue Routine lohnt.

👩‍⚕️ Such dir Hilfe. Insbesondere Süchte oder gesundheitsschädigendes Verhalten bekommt man allein nur schwer in den Griff. Dafür gibt es therapeutische Beratungen und andere (oft auch anonyme) Anlaufstellen.

🛑 Beuge Versuchungen vor. Wer keine Süßigkeiten im Kühlschrank hat, kann auch nicht naschen. Deine Freund:innen betrinken sich abends gern und dir ist das zu viel? Triff sie stattdessen zum Frühstück.

🧘 Reduziere Stress. Eine der Studie der Uni Bochum ergab, dass wir in Stressphasen in alte Muster zurückfallen. Grund: Die Stresshormone Cortisol und Noradrenalin legen die Gehirnregionen für zielgerichtetes Verhalten lahm.

🏆 Bleib dran! Verschiedenen Studien zufolge dauert es ungefähr ein bis zwei Monate, bis eine alte Gewohnheit abgelegt und eine neue Handlung zur Routine wird.

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