Pfeilschwanzkrebse: Wie ihr blaues Blut Menschenleben rettet
- Veröffentlicht: 22.07.2021
- 13:45 Uhr
- Galileo
Pfeilschwanzkrebse sind lebende Fossilien - seit 440 Millionen Jahren besiedeln sie die Ozeane. Und: Unzählige Menschen verdanken ihnen tagtäglich ihr Leben. Warum ihr blaues Blut aus der Medizin nicht wegzudenken ist und wie die "Seemaulwürfe" leben.
Pfeilschwanzkrebse: die wichtigsten Fakten
Pfeilschwanzkrebse sind eigentlich keine Krebse, sondern Urahnen von Spinnen und Skorpionen. Man nennt sie auch Hufeisenkrebse, Königskrabben oder Schwertschwänze.
Die bis zu 60 Zentimeter langen Tiere leben an der Atlantikküste Nordamerikas und an den Küsten Südostasiens.
Dort suchen sie am Meeresgrund in bis zu 40 Meter Tiefe nach Muscheln und Aas im Schlamm. Daher rührt auch die Bezeichnung Seemaulwurf.
Zur Paarung schwimmen die Tiere im Frühjahr ans flache Ufer. Die Weibchen legen ihre Eier in eine Sand-Mulde und das Männchen besamt sie daraufhin.
Pfeilschwanzkrebse sind lebende Fossilien. Sie existieren schon seit rund 440 Millionen Jahren. Damals waren sie in den Ozeanen weit verbreitet. Heute sind die Tiere gefährdet, denn ihr blaues Blut ist heiß begehrt.
Jährlich werden eine halbe Million Tiere gefangen und "gemolken". 1 Liter Blut ist rund 15.000 Euro wert. Es ist die Grundlage des LAL-Tests - ohne den viele Menschen an Infektionen sterben würden. Näheres dazu weiter unten.
Lebende Fossilien mit Panzer, Stachel und mehreren Augen
Pfeilschwanzkrebse: Wie ihr blaues Blut Menschenleben rettet
Das besondere blaue Blut der Pfeilschwanzkrebse
In den 50er-Jahren entdeckten Forscher:innen, dass das blaue Blut der Pfeilschwanzkrebse unglaublich großen medizinischen Nutzen hat. Sobald es nämlich mit Toxinen von bestimmten Bakterien in Kontakt kommt, gerinnt es wie saure Milch.
Dies nutzt die Pharma-Industrie, um zu überprüfen, ob ihre Injektionen, Infusionen, Impfstoffe und medizinische Instrumente/Geräte steril, also keimfrei, sind. Wären sie mit Bakterien wie E. coli oder Salmonellen verunreinigt, könnten die Patient:innen daran sterben.
Der Test heißt Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test (LAL-Test). Amöbozyten sind die Blutzellen, die für die Gerinnung sorgen. Eigentlich schützen sie die Tiere, wenn sie sich verletzen. Sobald gefährliche Bakterien mit ihrem Blut in Berührung kommen, gerinnt es an der Wunde und macht die Keime unschädlich.
Gut für den Menschen, schädlich für die Schwertschwänze
😧 Um an das kostbare Blut zu kommen, werden jährlich eine halbe Million Pfeilschwanzkrebse gefangen, wenn sie sich zur Paarung an die Küsten wagen.
💉 Im Labor wird ihnen bis zu einem Drittel ihres Bluts abgezapft - direkt aus dem Herzen.
💀 Danach wirft man sie zurück ins Meer. Schätzungen zufolge sterben bis zu 10 Prozent bei der Blutentnahme und bis zu 30 Prozent an den Folgen. Doch wie sehr der Stress und Blutverlust den Tieren wirklich schadet und wie viele verenden, ist ungewiss.
🍴 Nicht nur die Pharma-Industrie ist scharf auf die Tiere: In China gelten Pfeilschwanzkrebse als Delikatesse, Aalfischer nutzen sie als Köder, und ihr Lebensraum wird immer kleiner.
Kann das große Artensterben aufgehalten werden?
Gibt es Hoffnung für die Seemaulwürfe?
Forscher:innen tüfteln seit Jahren an alternativen Test-Verfahren. Sie versuchen etwa, ein Eiweiß aus der Haut des afrikanischen Krallen-Frosches nachzubauen. Auch gibt es einen Test auf Basis von menschlichem Blut. Doch noch halten die Pharmafirmen am blauen Blut der Pfeilschwanzkrebse fest.
Damit sich der Bestand erholt, zäunen Tierschützer:innen einige Brutplätze kurzzeitig ein. So können die Tiere in Ruhe ihre Eier ablegen.
Weitere spannende Informationen zu Krebsen
👉 Wusstest du, dass Fangschreckenkrebse mit bis zu 80 km/h auf ihre Beute oder Gegner einschlagen? Im Vergleich dazu: Das ist in etwa 40-mal schneller als ein menschliches Blinzeln und entspricht der Schlagkraft einer Pistolenkugel.