Daisugi: Wie in Japan Holz gewonnen wird - ohne Bäume zu fällen
- Veröffentlicht: 02.02.2021
- 08:00 Uhr
- Heike Predikant
Im Wald von Kitayama brauchen die Arbeiter keine Motorsägen: Sie ernten Holz, ohne dafür Bäume zu fällen - dank Daisugi. Was es mit der japanischen Forst-Technik auf sich hat, warum dafür Zedern auf Zedern wachsen und ihr Holz so wertvoll ist.
Das Wichtigste zum Thema Daisugi
Daisugi ist eine japanische Forst-Technik, mit der sich nachhaltig Holz gewinnen lässt. Der Clou: Die Bäume werden nicht gefällt, sondern lediglich beschnitten.
Die Methode entstand im 14. Jahrhundert (Muromachi-Zeit), als die Tee-Zeremonie populär und Holz zum Bau der berühmten Tee-Häuser benötigt wurde. Da der Platz zum Anpflanzen von Bäumen begrenzt war, verlagerte man die Baumzucht in die Senkrechte.
Im Wald von Kitayama nördlich von Kyoto wird das traditionelle Verfahren bis heute angewandt. Dort gedeiht in den Bergen die Japanische Zeder (auch Sicheltanne genannt), die als Rohstoff-Lieferant dient.
Die Waldarbeiter beschneiden die Bäume von Hand, so dass die oberen Äste gerade in die Höhe wachsen und neue Triebe bilden können. Dadurch sieht es so aus, als würden Zedern auf Zedern sprießen.
Bis ein Ast erntereif ist, dauert es 10 bis 15 Jahre, manchmal auch länger. Dafür bringt ein Mutterbaum mitunter mehrere Dutzend Äste hervor - und bleibt 100 bis 300 Jahre erhalten.
Yakushima: Auf der japanischen Insel steht die älteste Zeder der Welt
Die japanische Insel Yakushima ist für ihren dichten, immergrünen Feuchtwald berühmt. Jährlich kommen über 300.000 Touristen zu Besuch. Und nicht nur das: 1993 wurde der 107 Quadratkilomter große Zedern-Wald von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt - wegen der artenreichen Flora.
Allein rund 1.900 äußerst langlebige Sicheltannen (Yaku-Sugi) sprießen dort aus dem Boden. Als ältestes Exemplar gilt die Jōmon Sugi, die bereits seit der Jōmon-Zeit existiert, eine von 14.000 bis 300 v. Chr. andauernde Phase der Vorgeschichte Japans. Ihr Alter wird auf 2.170 bis 7.200 Jahre geschätzt.
Der Baum ist 25 Meter hoch und hat einen Umfang von 16 Metern. Da die UNESCO-Erklärung einen gewaltigen Besucher-Strom auslöste, ist der Zugang zu dem grünen Oldie auf eine 15 Meter entfernte Aussichts-Plattform beschränkt.
Was Zedernholz so besonders macht
💶 Ein Ast der Japanischen Zeder bringt 60 bis 80 Euro. Vor dem Verkauf wird er geschält und poliert und bekommt dadurch eine glatte, seidige Oberfläche.
🏆 Nicht nur schön: Zedernholz ist hart, formstabil, langlebig und resistent gegen Schädlinge.
🏯 Die kerzengeraden Äste eignen sich perfekt als Balken und werden beim Hausbau eingesetzt. Schon japanische Kaiser nutzten Zedernolz für die Innen-Ausstattung ihrer Tempel.
🎸 Auch Möbel und Musik-Instrumente werden aus Zedernholz gefertigt. Gitarren der japanischen Marke "Takamine" etwa haben oft eine massive Zedern-Decke, die für einen warmen Klang sorgt.
🍶 Edle Getränke wie Sake oder japanischer Whisky reifen in Zederfässern, um ihnen ein würziges Aroma zu verleihen.
Duftes Nebenprodukt der Japanischen Zedern: Sugi-Öl
Aus dem Holz und den Nadeln der Zedern wird ätherisches Öl gewonnen. Sugi-Öl heißt es, weil "Sugi" der japanische Name der Sicheltanne ist.
Sein Duft ist frisch, holzig, erdig. Aufgrund der antibakteriellen Inhaltsstoffe soll das Öl unter anderem bei Erkältungen und Blasenentzündungen helfen. Zudem soll es beruhigend wirken, die Konzentration fördern und gute Laune machen.
Für eine Anwendung genügen ein paar Tropfen. Ansonsten kann man das Öl für ein Bad oder als Raum-Duft verwenden.