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Chronobiologie

Morgens immer müde? Was deine innere Uhr damit zu tun hat

  • Aktualisiert: 11.04.2024
  • 05:00 Uhr
  • Julia Wolfer
Du kommst ohne Wecker morgens nicht rechtzeitig aus dem Bett? Dann passt deine soziale Zeit nicht zu deiner inneren Uhr.
Du kommst ohne Wecker morgens nicht rechtzeitig aus dem Bett? Dann passt deine soziale Zeit nicht zu deiner inneren Uhr.© Imago Images / blickwinkel

Langschläfer oder Frühaufsteher: Welcher Chronotyp du bist, bestimmt deine innere Uhr. Eine Kombination aus Genen und Licht legt fest, wie sie tickt. Ignorieren wir sie, kann das gesundheitliche Folgen haben.

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Innere Uhr: Das Wichtigste zum Thema

  • Fast alle Körperprozesse folgen einem biologischen Rhythmus, der von einer inneren Uhr gesteuert wird. Ein Beispiel ist der Schlaf-wach-Rhythmus.

  • Diese innere Uhr basiert auf einem komplexen Zusammenspiel aus Genen und Umweltfaktoren wie Licht. Die Chronobiologie ist die Wissenschaft, die sich mit der inneren Uhr von Lebewesen beschäftigt.

  • Bei jedem tickt die innere Uhr genetisch bedingt ein wenig anders. Je nachdem lassen sich Menschen einem bestimmten Chronotyp zuteilen.

  • Leben wir dauerhaft entgegen unserer inneren Uhr, kann das zu einem sozialen Jetlag führen - und sich negativ auf die Gesundheit auswirken.

Inhalt

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Was ist die innere Uhr?

Tiere, Pflanzen, Pilze – und sogar manche Bakterien: Fast alle Organismen folgen einem biologischen Rhythmus oder Biorhythmus, der von der inneren Uhr gesteuert wird. Auch bei uns Menschen.

Praktisch jede Zelle und jedes Organ unseres Körpers besitzt eine eigene innere Uhr, die auf einem molekularen Netzwerk aus Genen und Proteinen basiert:

➡️ Durch die Aktivität spezieller Uhren-Gene in unserer DNA werden in den Zellen bestimmte Uhren-Proteine produziert. Diese Proteine blockieren die Uhr-Gene und verhindern so ihre eigene Produktion. Nach einiger Zeit werden die Proteine in den Zellen abgebaut, die Uhren-Gene sind wieder frei – und der Zyklus beginnt von Neuem. So entsteht ein innerer Rhythmus.

Die Aktivität der Uhren-Gene steuert wiederum die Aktivität vieler anderer Gene in unserem Körper. Fast alle physiologischen Prozesse sind so mit der inneren Uhr verknüpft und folgen ihrem Takt.

Die innere Uhr taktet unseren Schlaf-Rhythmus

⏰ Wie die innere Uhr des Menschen tickt, untersucht die Chronobiologie. Sie unterscheidet verschiedene Schlaf-Typen.

🦉 Eulen sind Nachtmenschen. Sie werden abends richtig aktiv und gehen spät ins Bett. Morgens schlummern sie aus und brauchen Zeit, bis sie richtig aktiv werden.

🐣 Lerchen sind Frühaufsteher. Sie wachen zeitig auf und sind schon beim ersten Sonnenstrahl voll leistungsfähig. Abends fallen sie früh ins Bett.

🧬 Die Gene und das Alter bestimmen mit, zu welchem Typ du zählst. Neugierig? Dann teste dich in unserem Quiz unten.

📝 Studien zeigen: Die Anzahl an Eulen- und Lerchentypen ist in etwa gleich. Allerdings lassen sich 60 Prozent aller Menschen gar nicht klar einteilen.

✈️ Deine innere Uhr ist auch dafür verantwortlich, dass du nach einem Langstreckenflug unter Jetlag leidest.

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Im Video: So schlafen wir

So schlafen wir

Was hat es mit der Frühjahrsmüdigkeit auf sich? Im Interview mit Prof. Ingo Fietze

💬 Es gibt so etwas wie Frühjahrsmüdigkeit. Viele fühlen sich gerädert. Aber das Phänomen hat nicht allein mit Schlafmangel zu tun. Dennoch schlafen wir in der wärmeren Jahreszeit etwa eine halbe Stunde weniger als im Winter.

💬 Was im Frühjahr passiert: Der Körper kommt aus seinem Sparmodus. Wir bekommen mehr Wärme und Licht. Licht unterdrückt Müdigkeit und der Hormonhaushalt stellt sich um. Zudem verändert sich die Ernährung.

💬 Durch die wärmeren Temperaturen weiten sich die Blutgefäße - vor allem bei Frauen sinkt der Blutdruck. Der Kreislauf hat noch einen Hangover nach dem Winterschlaf. Auch die schwankenden Temperaturen machen ihm zu schaffen. Das alles führt dazu, dass manche Menschen sich schlapp fühlen.

🔍 Zur Person: Prof. Dr. med. Ingo Fietze ist Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums, Facharzt für Innere Medizin, Pulmologe, Somnologe an der Charité Berlin und Gast-Prof. an der Southwest Medical University Affiliated Zigong Hospital, China.

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Im Video: Morgens besser aufstehen mit der Schlummer-Taste

Besser Aufstehen: Mit der Schlummer-Taste fitter in den Tag starten?

Was wird von der inneren Uhr gesteuert?

Am deutlichsten zeigt sich die innere Uhr beim Schlaf-wach-Rhythmus: Sie sorgt dafür, dass wir aufwachen, indem morgens das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Am Abend erhöht sie die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, was uns müde werden lässt.

Doch die innere Uhr wirkt weit über den Schlaf-wach-Zyklus hinaus. Sie sorgt zum Beispiel auch dafür, dass:

  • die Körpertemperatur nachts um vier Uhr am niedrigsten und am frühen Abend um 19 Uhr am höchsten ist,
  • der Blutdruck am frühen Morgen scharf ansteigt und am frühen Abend seinen Höchstwert erreicht,
  • die Darmtätigkeit am Morgen erhöht und am Abend verringert wird,
  • das Schmerzempfinden morgens oder nachts höher ist, als am Nachmittag,
  • entzündlich-rheumatische Erkrankungen am Morgen besonders schlimm sind.

Die innere Uhr ist auch der Grund, warum Herzinfarkte besonders häufig am Vormittag auftreten und Medikamente zu bestimmten Tageszeiten besser wirken. Zum Beispiel ist die Wirkung von Schmerzmittel abends stärker als am Morgen.

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Was beeinflusst die innere Uhr?

Wie genau die innere Uhr eingestellt ist, hängt vor allem von den Genen ab – und bei jedem Menschen ticken sie ein wenig anders. Die innere Uhr wird aber auch von Umweltfaktoren, vor allem von den Lichtverhältnissen beeinflusst.

Tatsächlich beträgt unser biologischer Rhythmus etwas mehr als 24 Stunden - deshalb bezeichnet man ihn auch zirkadianen Rhythmus, aus dem lateinischen "circa" für ungefähr und "dies" für Tag.

❗Würde sich unsere innere Uhr nicht mit der Außenwelt synchronisieren, würden wir in kurzer Zeit aus dem Tag-Nacht-Rhythmus der Natur geraten und könnten uns bei Fernreisen nie an den neuen Tag-Nacht-Rhythmus vor Ort anpassen.

Die Synchronisierung übernimmt eine "Zentraluhr" im Gehirn:

➡️ Trifft Licht auf die Netzhaut unserer Augen, wird das Signal direkt an den suprachiasmatischen Nukleus im Hypothalamus weitergeleitet. Er koordiniert die Aktivität aller inneren Uhren unseres Körpers und "eicht" sie so auf den tatsächlichen 24-Stunden-Rhythmus der Natur.

Neben Licht beeinflusst auch, wann wir essen - also der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme - die innere Uhr.

Welche Chronotypen gibt es eigentlich?

Ob wir am frühen Morgen voller Energie aus dem Bett springen oder kaum ein Auge aufkriegen, wird also maßgeblich von den Genen bestimmt. In der Chronobiologie, die die zeitliche Organisation von Lebewesen untersucht, werden Menschen grob einem von drei Chronotypen zugeteilt:

  • 🐦‍⬛ Lerchen sind die typischen Frühaufsteher. Sie werden morgens sehr früh wach und entsprechend abends früh müde. Etwa zehn Prozent der Menschen gehören zu den Lerchen.
  • 🦉 Eulen sind Spätschläfer: Sie werden abends später müde und müssen morgens daher länger schlafen. Rund 20 Prozent der Menschen werden zu den Eulen gezählt.
  • 🕊️ Tauben liegen im Spektrum irgendwo zwischen Lerchen und Eulen. Mit rund 70 Prozent lassen sich die meisten Menschen diesem Chronotyp zuordnen.

Je nach Studie werden die Chronotypen noch feiner unterteilt:

  • Russische und belgische Wissenschaftler:innen haben in einer Studie vier Chronotypen identifiziert. Sie fragten dafür Testpersonen, wann sie im Tagesverlauf am liebsten schlafen würden. Neben Lerche und Eule fanden die Forscher:innen zwei weitere Chronotypen: Die Mittagsschläfer, die am Nachmittag ein Tief haben, und die Nachmittags-Typen, die um diese Tageszeit besonders fit sind, am Morgen und am Abend allerdings müde.
  • Forscher:innen der Ludwig-Maximilians-Universität München unterscheiden sogar sieben Chronotypen: extreme, moderate und leichte Frühtypen, Normaltypen sowie leichte, moderate und extreme Spättypen. Anhand eines Fragebogens durften sich Testpersonen je nach bevorzugter Schlafens- und Aufstehzeit selbst einer der sieben Kategorien zuordnen. Das Ergebnis: Die meisten Befragten ordneten sich den leichten Frühtypen, die durchschnittlich von 0 bis 8 Uhr schlafen oder den Normaltypen (1 bis 9 Uhr) zu.

❗Im Laufe des Lebens verändert sich der Takt unsere innere Uhr allerdings: Während Kinder eher zu den Frühtypen gehören, verwandeln sie sich in der Pubertät zu Eulen. Ab Anfang 20 verschiebt sich die innere Uhr dann langsam immer weiter in Richtung früh.

Chrono-Typen: So entwickelt sich der Schlaf-Typ im Laufe des menschlichen Lebens.
Chrono-Typen: So entwickelt sich der Schlaf-Typ im Laufe des menschlichen Lebens.

Was passiert, wenn ich nicht nach meiner inneren Uhr lebe?

Eulen, also echte Spättypen, sind zwar selten – doch die soziale Uhr, die uns morgens um sieben Uhr oder früher aus dem Bett zwingt, passt nicht zur inneren Uhr der allermeisten Menschen. Wer also morgens vom Wecker geweckt wird, wacht vor seiner inneren Uhr auf.

Im Urlaub kannst du ganz einfach testen, welcher Chronotyp du bist: Gehe dafür abends erst ins Bett, wenn du wirklich müde bist und stelle morgens keinen Wecker.

  • Wirst du früh müde (vor 23 Uhr) und früh wach (vor 7 Uhr), spricht das für einen Frühtyp. Du bist wahrscheinlich eine Lerche.
  • Wirst du spät müde (nach 2 Uhr) und spät wach (nach 10 Uhr), bist du eher eine Eule und gehörst zu den Spättypen.
  • Liegst du irgendwo dazwischen, gehörst du wahrscheinlich zu den Normaltypen oder Tauben.

Wer beim Klingeln des Weckers kaum aus dem Bett kommt, kann aufgrund der inneren Uhr aber nicht einfach früher ins Bett gehen – er oder sie ist dann einfach noch nicht müde genug. Das führt im Alltag zu einem kleineren oder größeren Schlafdefizit, das Expert:innen auch als sozialen Jetlag bezeichnen. Rund 80 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen.

Auf Dauer ist ein sozialer Jetlag sehr ungesund: Er kann die Leistungsfähigkeit einschränken und das Risiko für psychische Erkrankungen, Diabetes oder Adipositas erhöhen.

❗ Je größer der sozialer Jetlag ist – also das regelmäßige Schlafdefizit im Alltag - desto ungesünder.

Lässt sich die innere Uhr verstellen?

Aus einer Eule lässt sich keine Lerche machen – komplett umstellen kann man die genetisch bedingte innere Uhr nicht. Doch ein gesunder Umgang mit Licht kann helfen, die innere Uhr ein bisschen vorzustellen und damit den sozialen Jetlag zu verkleinern.

☀️ Am Morgen ist Tageslicht besonders wichtig: Wenn du mit dem Fahrrad zur Schule oder in die Arbeit fährst oder den letzten Kilometer zu Fuß gehst, kann das helfen, die innere Uhr auf früher einzustellen. Denn selbst wenn es bewölkt ist, bekommen wir draußen viel mehr Licht ab als in Innenräumen - und darauf reagiert unsere innere Uhr.

🌙 Am Abend sollte die Lichtmenge reduziert werden. Vor allem blaues Licht von Computer-Bildschirmen beeinflusst unsere innere Uhr sehr stark. Auch in Sonnenlicht ist blaues Licht enthalten - es signalisiert unserem Körper: Es ist Tag. Schalte bei deinem Handy also abends den Nacht-Modus ein, der blaues Licht herausfiltert. Den Computer solltest du abends besser ausgeschaltet lassen.

Quiz: Welcher Schlaftyp bist du?

Häufige Fragen zur inneren Uhr

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