Bürgergeld: Was sich mit dem Nachfolger von Hartz IV ändert
- Veröffentlicht: 20.12.2022
- 19:00 Uhr
- Galileo
Die Bundesregierung wird zum 1. Januar 2023 das Bürgergeld einführen und löst damit das bisherige Hartz IV ab. Mit dem Namen verändern sich beim Bürgergeld unter anderem auch die Bemessung und mögliche Sanktionen. Alles zum Bürgergeld im Überblick. Im Clip: 10 Fragen an einen Hartz-IV-Empfänger.
Das Wichtigste zum Bürgergeld
Die Bundesregierung hat eine Reform der Grundsicherungsleistung in die Wege geleitet. Ab Jahresbeginn 2023 wird der Nachfolger von Hartz IV in Kraft treten: das Bürgergeld.
Höhere Regelsätze, Schonfrist, Weiterbildungsprämien: Das geplante Bürgergeld unterscheidet sich deutlich vom Vorgänger Hartz IV.
Einführung in zwei Phasen: Änderungen zu den Leistungen treten bereits am 1. Januar 2023 in Kraft. Änderungen in der Arbeitsvermittlung kommen allerdings erst am 1. Juli 2023.
Wir erklären dir, wo die Unterschiede liegen, wer das Bürgergeld bekommt und wann es ausgezahlt wird.
Bürgergeld ersetzt Hartz IV
Unter dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde im Jahr 2005 das Arbeitslosengeld II (ALG 2) eingeführt. Dies soll Arbeitssuchenden den Lebensunterhalt sichern und so ein würdevolles Leben garantieren.
Besser bekannt ist das ALG 2 als Hartz IV. Die umgangssprachliche Bezeichnung ist nach Peter Hartz benannt, der die damalige Kommission für Arbeitsmarkt-Reformen leitete.
Zu wenig zum Leben, fragliche Bemessung und Co.: Aus unzähligen Gründen gilt Hartz IV seit einigen Jahren als überholt. Die Ampel-Koalition hat daher mit dem Bürgergeld nun eine Reform auf den Weg gebracht, die zum Jahresbeginn 2023 in Kraft treten wird.
Die Änderungen des geplanten Bürgergelds betreffen viele Mitbürger:innen. Im Jahr 2020 etwa haben laut Statistischem Bundesamt mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland die Leistung zur Grundsicherung bezogen.
Höhe des Bürgergelds und andere Änderungen
💶 Vordergründig gibt's vor allem mehr Geld. Das Bürgergeld soll für einen alleinstehenden Erwachsenen 502 Euro betragen. Das sind 53 Euro mehr als die 449 Euro, die Empfänger:innen von Hartz IV bislang bekommen. Lebenspartner:innen sollen 451 Euro (bislang: 404 Euro) erhalten. Kinder bis fünf Jahre sollen 318 Euro (bislang: 285 Euro) bekommen. 6- bis 13-Jährige sollen 348 Euro (bislang: 311 Euro) erhalten, 14- bis 17-Jährige 420 Euro (bislang: 376 Euro).
🚫 In den ersten sechs Monaten ("Vertrauenszeit"), in denen jemand Bürgergeld bezieht, drohen - außer bei gravierenden Terminverfehlungen - keine Sanktionen. Im Anschluss können die Bezüge bei Pflichtverletzungen um bis zu 30 Prozent gemindert werden. Bei Hartz IV sind die Leistungsminderungen teils strenger.
🏡 Die ersten beiden Jahre bilden außerdem eine zweijährige Übergangszeit ("Karenzzeit"). In diesem Zeitraum können Bezieher:innen von Bürgergeld in ihrer Wohnung bleiben, auch wenn diese gemäß der Bemessung als zu groß gilt.
💰 In dieser Übergangszeit werden außerdem Ersparnisse von bis zu 60.000 Euro nicht bei der Bemessung angerechnet. Für jedes weitere Haushaltsmitglied sind jeweils weitere 30.000 Euro Puffer erlaubt. Auf Dauer sind Ersparnisse von bis zu 15.000 Euro pro Person gestattet.
👷 Arbeiten Empfänger:innen von Bürgergeld oberhalb der Minijob-Grenze, die bald bei 520 Euro liegt, und erhalten dafür bis zu 1.000 Euro, dürfen sie davon 30 Prozent behalten. Schüler:innen, Studierende und Auszubildende können bis zu 520 Euro hinzuverdienen.
👨🎓 Wer sich mit dem Ziel eines Berufsabschlusses weiterbildet, um in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, kann ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro sowie Prämien bei Abschüssen bekommen.
Wer bekommt Bürgergeld und wann wird es ausgezahlt?
Auf das neue Bürgergeld haben alle Anspruch, die auch auf Arbeitslosengeld II Anspruch hatten beziehungsweise gehabt hätten.
Bekommst du bereits Hartz IV, musst du keinen neuen Antrag stellen - du erhältst mit der Umstellung automatisch die höheren Regelsätze. Hast du noch gar kein Hartz IV bekommen, musst du das Bürgergeld ab 2023 ganz neu beantragen.
Das neue Bürgergeld bekommst du ab 2023 ausgezahlt. Bist du bereits Hartz IV Empfänger:in, dann erhältst du den ersten Regelsatz für Januar am 30.12.2022. Danach kommen die Auszahlungen immer am letzten Werktag des vorangehenden Monats.
Kritik am Bürgergeld aus der Opposition und von Arbeitgeber:innen
Die Bundesregierung um den zuständigen Minister Hubertus Heil (SPD) verteidigt das geplante Bürgergeld als System der Ermutigung. Es soll auf motivierende Anreize wie Weiterbildungsprämien anstelle von abschreckenden Sanktionen in Form von Leistungsminderungen setzen.
Nach Meinung der Opposition im Deutschen Bundestag ist das geplante Bürgergeld allerdings nicht die richtige Maßnahme.
Die Union (CDU/CSU) kritisiert vor allem die abgemilderten Sanktionen. Dadurch fehle dem Staat die notwendige Handhabe bei Verfehlungen. Für die Linke hingegen sind die Regelsätze zu niedrig, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu decken.
Auch von Arbeitgeber-Verbänden kommt Kritik an der Gesetzesreform. Das geplante Bürgergeld sende ein falsches Signal an Arbeitnehmer:innen mit geringen Einkommen. Im Vergleich zu alleinstehenden Bezieher:innen von Bürgergeld, die 502 Euro erhalten, verdienen Mini-Jobber:innen zum Beispiel bis zu 520 Euro im Monat.
Bürgergeld: Häufig gestellte Fragen
Das Bürgergeld ist eine Grundsicherung für Arbeitssuchende, die damit ihren Lebensbedarf (Existenz-Minimum) bestreiten können sollen. Das Bürgergeld wird ab 2023 Hartz IV ablösen.
Um das Bürgergeld zu erhalten, wird ein Antrag notwendig sein. Einen Anspruch hat, wer bisher einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder Sozialgeld hatte. Diese beiden Leistungen sollen zugunsten des Bürgergelds abgeschafft werden.
Im Gegensatz zu Hartz IV werden Empfänger:innen vom Bürgergeld mehr erhalten: Statt bisher 449 Euro bekommt eine alleinstehende erwachsene Person 502 Euro. Lebenspartner:innen erhalten 451 Euro statt bislang 404 Euro.