Paragraf 219a wird abgeschafft: So ändert sich jetzt die Lage
- Veröffentlicht: 24.06.2022
- 18:45 Uhr
- Galileo
Ärztinnen und Ärzten ist es bald wieder erlauben, über Schwangerschafts-Abbrüche zu informieren. Der entsprechende Paragraf 219a, der dies verbot, war seit Jahren stark umstritten. Nun hat der Bundestag beschlossen, ihn abzuschaffen.
Ampel plant Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a
Die Ampel-Koalition hat im Bundestag beschlossen, den Paragrafen 219a zu streichen. Dieser hatte es Ärzt:innen verboten, Schwangerschafts-Abbrüche als Dienstleistung anzubieten und dafür zu werben. Informieren durften bisher nur neutrale Beratungsstellen.
Bundes-Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte diesen Schritt bereits im Januar angekündigt: "Wir wollen damit einen unhaltbaren Rechtszustand beenden", denn jede Verurteilung nach dem Strafrechts-Paragrafen 219a sei "eine Verurteilung zu viel".
Bundesfamilienministerin Lisa Paus sprach von einem "Triumph" für das Selbstbestimmungs-Recht von Frauen und Ärzt:innen. Kritik kommt hingegen von der Union und der AfD.
Ärzt:innen werden nun in der Lage sein, öffentlich Informationen über Schwangerschafts-Abbrüche bereitzustellen, ohne deshalb eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.
Der bisherige Stand
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist grundsätzlich verboten und damit strafbar.
Straflos bleibt ein Schwangerschafts-Abbruch, wenn er nach einer nachgewiesenen Beratung und vor der 13. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird.
Auch straffrei sind Schwangerschafts-Abbrüche nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für das Leben der Schwangeren.
Die Große Koalition unter der Führung von Angela Merkel (CDU) hatte sich 2019 nach langen Diskussionen über §219a drauf geeinigt, dass Arztpraxen und Einrichtungen darüber informieren dürfen, dass sie Schwangerschafts-Abbrüche durchführen.
Bisher war es Praxen aber nicht erlaubt, auf ihrer Webseite über Abtreibungen zu informieren - das gilt bereits als Werbung.
Die Ärztin Kristina Hänel wurde 2017 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Webseite Informationen zu Schwangerschafts-Abbrüchen zur Verfügung gestellt hatte. Sie und andere betroffene Ärzt:innen zogen gegen ihre Verurteilung bis vor das Bundesverfassungsgericht.
Das wird sich ändern
ℹ️ Es soll einfacher werden, mehr Informationen zu Schwangerschafts-Abbrüchen zu bekommen sowie zu Ärzt:innen, die diese durchführen.
📖 Die Zahl der Ärzt:innen, die darüber detailliert Auskunft geben können, könnte sich dadurch ebenfalls erhöhen. Denn mit der Abschaffung von Paragraf 219a sollen Schwangerschafts-Abbrüche auch Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden.
💻 Arzt-Praxen dürfen dann außerdem auch auf ihren Internet-Seiten zu Schwangerschafts-Abbrüchen informieren.
⚖️ Am Schutzkonzept für ungeborenes Leben ändert die geplante Reform aber nichts - hier gilt weiterhin der bisherige Stand: Abtreibungen sind nur bis zur 13. Schwangerschaftswoche legal.
Wie international mit Schwangerschafts-Abbrüchen umgegangen wird
🇺🇸 In den USA waren Abtreibungen von den Bundesgesetzen zwischen 1973 und 2022 legal. Konservative Bundesstaaten hatten die Möglichkeiten eines Schwangerschafts-Abbruchs allerdings stark eingeschränkt. Am 24. Juni 2022 kippte der US-Supreme Court das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Abtreibung. Nun gibt es keine nationale Regelung für den Eingriff mehr - stattdessen liegt diese Aufgabe wie vor 1973 wieder bei den einzelnen Staaten.
🇷🇺 In Russland gelten Schwangerschafts-Abbrüche als Mittel zur Geburten-Kontrolle - entsprechend häufig sind sie auch.
🌎 In Südamerika und Afrika gibt es teilweise sehr strenge Gesetze gegen Abtreibungen. Viele Frauen versuchen daher, illegal abzutreiben - und geraten dabei in Lebensgefahr.
🇨🇳 In einigen asiatischen Ländern wie China, Indien, Vietnam und Nordkorea werden vor allem weibliche Föten abgetrieben. Das geschieht in erster Linie aus familiären Überlegungen: So kümmern sich beispielsweise männliche Nachkommen traditionell um ihre Eltern, Töchter hingegen ziehen bei einer Heirat zu ihren Schwiegereltern.