Aberglaube: Warum wir auf Holz klopfen und Glücksschweinchen sammeln
- Veröffentlicht: 02.03.2023
- 15:45 Uhr
- Heike Predikant
Besitzt du einen Glücksbringer? Klopfst du manchmal auf Holz? Oder meidest du schwarze Katzen? Ja? Dann bist du vielleicht abergläubisch. Was es damit auf sich hat, erfährst du hier. Im Clip: So viel Aberglaube gibt es in unserem Alltag.
Das Wichtigste zum Thema Aberglaube
Aberglaube findet sich seit jeher im Leben und Handeln von Menschen – in jeder Kultur und zu allen Zeiten. Oft spricht man auch von "Volksglaube".
Wer abergläubisch ist, glaubt an übernatürliche Kräfte. Daran, dass sich durch bestimmte Dinge oder Handlungen das Schicksal beeinflussen lässt.
Dahinter steckt der Wunsch, Glück herbeizuführen oder Unglück abzuwehren. Psychologisch gesehen geht’s auch darum, sich ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu verschaffen – die Welt berechenbarer zu machen.
Allgemein wird Aberglaube mit Unvernunft und Unwissenschaftlichkeit gleichgesetzt. Ursprünglich war der "Abergloube" ein "Irrglaube", das mittelhochdeutsche Wort "aber" bedeutet so viel wie "verkehrt".
Im Christentum tauchte der Begriff "Aberglaube" im späten Mittelalter auf. Er stand für "falsche", von der christlichen Religion abweichende Glaubensinhalte und -formen. Ketzer:innen wurden von der Kirche verfolgt.
Wie Aberglaube unser Verhalten beeinflusst
Einen Talisman bei sich tragen, vorsichtshalber auf Holz klopfen, an einem Freitag, den 13. gar nicht erst die Wohnung verlassen. Alles Humbug? Für manche nicht. Einer YouGov-Umfrage zufolge bezeichnen sich 39 Prozent der Frauen und 21 Prozent der Männer in Deutschland als (eher) abergläubisch.
Bei diesen Menschen beeinflusst der Aberglaube auch das Verhalten. Vor allem in Situationen, die für die jeweilige Person eine besondere Bedeutung haben. Das kann eine Prüfung, ein Vorstellungsgespräch, ein Termin im Krankenhaus oder auch ein Spiel des Lieblingsvereins sein. Dann vertraut man darauf, dass ein Glücksbringer, ein Ritual oder eine bestimmte Vermeidungsstrategie alles zum Guten wenden - und das Schlechte fernhalten.
Hat es geklappt, wird die bestandene Prüfung mit dem Glücksbringer in Zusammenhang gebracht, den man bei sich trug. Oder der Sieg der Mannschaft mit dem Platz, auf dem man saß. Und beim nächsten Mal macht man's wieder so.
Die Crux daran ist die "falsche" Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Zufallstreffer werten wir als Bestätigung - und die werden im "selektiven Gedächtnis" gespeichert. Über Gegenbeweise dagegen sehen wir gerne mal hinweg. Aberglaube lässt sich also nicht rational erklären. Helfen kann er trotzdem, denn er funktioniert manchmal wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Deutscher Aberglaube: Das bringt Glück
🐷 In früheren Zeiten war ein Schwein ein wertvoller Besitz. Es versprach Geschäfte und Geld. "Schwein haben", also Glück haben, kann man heute auch mit einem Exemplar aus Plüsch, Kunststoff oder Marzipan.
🪵 Tok, tok, tok: Man klopft auf Holz, um Unheil zu vermeiden. Ein Ritual, das auf die Seefahrt zurückgeht. Ein Matrose prüfte vor dem Anheuern durch Klopfen auf den Mast den Zustand des Schiffes und entschied dann, ob er dem Kahn sein Leben anvertraute.
🍀 Normalerweise besitzt ein Kleeblatt drei Blätter, ein viertes Blatt entsteht durch Gen-Mutation. Wer ein vierblättriges Kleeblatt in der Natur findet, darf sich glücklich schätzen. Nicht nur, weil es selten vorkommt. Eva soll bei der Vertreibung aus dem Garten Eden ein vierblättriges Kleeblatt als Andenken mitgenommen haben. Somit hält der/die Finder:in ein Stück vom Paradies in den Händen.
Deutscher Aberglaube: Das bringt Unglück
🐈⬛ Schwarze Katzen sind den Menschen seit jeher nicht geheuer – allein wegen ihrer dämonischen Farbe. Kreuzt eine schwarze Katze von links, ist von einem besonders unheilvollen Omen die Rede. Das hat einen biblischen Grund: Beim Jüngsten Gericht stehen die guten Menschen auf der rechten Seite, die schlechten hingegen auf der linken.
🪜 Geht man unter einer Leiter hindurch, zieht man Unheil an, heißt es. Warum? Leiter, Wand und Boden bilden ein Dreieck – und das wiederum ist das Symbol für die Dreifaltigkeit. Mit dem Durchschreiten verletzt man diesen "heiligen Raum" und fordert so das Schicksal heraus.
1️⃣3️⃣ Das Pech hat ein Datum: Freitag, der 13. Zum einen gilt die 13 als Unglückszahl, da sie die mächtige Zwölf (zwölf Monate, zwölf Apostel, zwölf Sternzeichen usw.) überschreitet. Zum anderen wird der Tag mit tragischen Ereignissen in Verbindung gebracht, etwa der Kreuzigung Jesus oder dem Crash an der Berliner Börse am 13. Mai 1927.
Aberglaube aus aller Welt: Was in diesen Ländern vermieden wird
🏴 Schottland: Auf einer Hochzeit darf keine grüne Kleidung getragen werden. Die Farbe ist dem Aberglauben nach den Elfen vorbehalten – und die möchte man an diesem Festtag nicht verärgern. Deshalb sind beim Hochzeits-Schmaus auch grüne Lebensmittel tabu.
🇵🇹 Portugal: Bloß nicht rückwärts gehen! Der Teufel könnte sich einem sonst an die Fersen heften, glauben die Portugies:innen.
🇧🇷 Brasilien: Im Land der Havaianas bedeutet ein umgedrehter Flip-Flop den Tod einer nahestehenden Person. Die "Geschichte" soll erfunden worden sein, um Kinder dazu zu bringen, ihre Gummi-Sandalen ordentlich abzustellen.
🇪🇬 Ägypten: Beim Anblick eines Babys rufen die Einheimischen nicht etwa "Ach, wie süß", sondern eher "Oh, wie hässlich". Schließlich will man nicht die bösen Mächte neidisch machen und das Kind gefährden.
🇯🇵 Japan: Wie auch in anderen asiatischen Ländern herrscht hier eine abergläubische Angst vor der Zahl Vier (Tetraphobie). Das japanische Wort dafür ähnelt in der Aussprache stark dem Wort für Tod. Daher "fehlt" in Hotels oder Aufzügen beispielsweise der vierte Stock. Und auch bei Nummerierungen wird die Vier gerne weggelassen.
Sind auch Tiere abergläubisch?
Ja, auch Tiere können abergläubisch sein. Das fand der amerikanische Psychologe und Verhaltensforscher Burrhus Skinner bereits 1948 bei einem Experiment mit Tauben heraus.
Die Vögel befanden sich in einer Kiste, in die alle 15 Sekunden ein Leckerbissen fiel. Dabei entwickelten sie bizarr erscheinende Verhaltensweisen: Manche drehten sich immer wieder im Kreis, einige steckten den Schnabel regelmäßig in eine bestimmte Ecke und andere schleuderten ihren Kopf hin und her.
Die Erklärung: In dem Moment, als das Futter in die Kiste fiel, machten die Tauben eine bestimmte Bewegung - und gingen dann davon aus, dass die Bewegung den "Futter-Regen" ausgelöst hat. Damit demonstrierten die Tiere laut Skinner "eine Art Aberglauben". Sie verhielten sich so, als hätte ein kausaler Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und der Darreichung des Futters bestanden - obwohl ein solcher fehlte.
Guck mal! Abergläubische Tauben
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Häufige Fragen zum Aberglauben
Gemeint ist der Glaube an übernatürliche Kräfte, die mithilfe von bestimmten Gegenständen oder Praktiken "aktiviert" werden. Das soll Glück herbeiführen oder Unglück abwenden.
Als Glücksbringer gelten etwa vierblättrige Kleeblätter, Schweinchen und Hufeisen. Ebenfalls weit verbreitet sind Glücksrituale wie "auf Holz klopfen" oder "Salz über die Schulter werfen". Eine schwarze Katze oder ein zerbrochener Spiel dagegen bringen Unglück, sagt man.
Mit Rationalität hat Aberglaube wenig zu tun. Es ist vielmehr so, dass wir in zufälligen Ereignissen das Prinzip von Ursache und Wirkung sehen (wollen). Dennoch kann Aberglaube nützlich sein. Studien zeigen beispielsweise: Wer an die Macht des Talismans glaubt, fühlt sich sicherer, geht eine Aufgabe mutiger an und erzielt bessere Ergebnisse.