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Falsche Anschuldigungen

Geheimtipp auf Joyn: Mads Mikkelsen brilliert im packenden Thriller "Die Jagd"

  • Aktualisiert: 14.11.2024
  • 11:45 Uhr
  • Anne Oppel
Nur eine unschuldige Berührung oder steckt mehr dahinter? Mads Mikkelsen mit seinem Filmsohn, verkörpert von Lasse Fogelstroem, in "Die Jagd".
Nur eine unschuldige Berührung oder steckt mehr dahinter? Mads Mikkelsen mit seinem Filmsohn, verkörpert von Lasse Fogelstroem, in "Die Jagd".© picture alliance / dpa | Wild Bunch

"Die Wahrheit ist nicht wichtig, nur was die Leute glauben." Mit dieser traurigen Realität will sich Lucas (Mads Mikkelsen) im Thriller-Drama "Die Jagd" einfach nicht abfinden. Aber er hat keine Wahl.

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"Die Jagd" – darum geht's

Die Handlung von "Die Jagd" spielt in einem kleinen dänischen Dorf. Idylle pur. Jeder kennt jeden, ob an der Supermarktkasse, in der Kita oder im Jagdverein. Es ist auch der Heimatort von Lucas (Mads Mikkelsen), einem beliebten Kindergärtner.

Der Pädagoge hat gerade eine schwierige Scheidung hinter sich. Jetzt versucht er sein Leben neu zu ordnen. Er ist frisch verliebt, hat in einer neuen Einrichtung angefangen und arbeitet intensiv daran, die gute Beziehung zu seinem Sohn Marcus aufrechtzuerhalten. Doch dann gerät sein Leben komplett aus den Fugen: Die fünfjährige Klara, die Tochter seines besten Freundes, behauptet, Lucas habe sie im Kindergarten unsittlich berührt.

Dieses Drama gilt als Meisterwerk des skandinavischen Kinos und wurde für seine starke Inszenierung, die herausragende Leistung von Mads Mikkelsen und seine wichtige Botschaft gefeiert. Der Film berührt nämlich auf verschiedenen Ebenen, weil er viele gesellschaftlich relevante Punkte gleichzeitig anspricht.

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Die Macht der Vorurteile

"Die Jagd" zeigt eindrücklich, wie schnell wir gewillt sind, vermeintliche Fakten zu glauben, die auf Vorurteile einzahlen. In diesem Fall ist es das Bild des männlichen Erziehers, der in der Gesellschaft immer noch einen schweren Stand hat. Oft sogar unter Generalverdacht steht.

In Deutschland liegt die Männerquote in Tageseinrichtungen laut Statistischem Bundesamt bei nur etwa acht Prozent. Dabei bieten männliche Erzieher viele Pluspunkte: In zahlreichen Familien sind Männer unterrepräsentiert. Eine Vielfalt der Bezugspersonen bietet unterschiedliche Perspektiven, Stärken und Interaktionsmöglichkeiten. Studien deuten außerdem darauf hin, dass männliche Erzieher dazu beitragen können, dass gerade Jungen ihre Gefühle besser ausdrücken und soziale Kompetenzen entwickeln.

Trotzdem hält sich das tief verwurzelte gesellschaftliche Vorurteil in vielen Hinterköpfen hartnäckig: Männer, die mit Kindern arbeiten, stellen ein erhöhtes Risiko dar, sexuell übergriffig zu werden. Im Film wird dieser Generalverdacht durch die Anschuldigung der kleinen Klara gefüttert.

Anstatt beide Seiten anzuhören und dem Verdacht neutral auf den Grund zu gehen, schließt sich das gesamte Dorf der Hexenjagd auf Lucas an. Das klingt zwar nach Mittelalter, aber die Mechanismen sind zeitlos. Besonders wenn sie Eltern an ihrer empfindlichsten Stelle treffen: der Sorge um Unversehrtheit und Schutz der Kinder. Regisseur Thomas Winterberg setzt mit seinem Film ein Mahnmal gegen voreilige Urteile und ein hält ein Plädoyer für Menschlichkeit.

Die Macht der Masse

Zuschauer:innen hoffen am Anfang des Films noch: Dieses Missverständnis wird sich doch klären lassen. Gerade unter besten Freunden. Man kennt sich doch. Aber das kleine Feuerchen der Anschuldigung hat zu viele Ausläufer. Die Kollegin im Kindergarten, die Eltern nach dem Elternabend. Überall wird getratscht und die Geschichte wächst über sich selbst hinaus.

Die ruhige Vorstadt-Idylle mutiert zum Klima der Hysterie. Plötzlich zeigen sämtliche Kinder "Missbrauchssymptome" wie Kopfschmerzen oder Bettnässen. Sie fantasieren von einem Keller, den es gar nicht gibt. Man sieht uralte Freundschaften und Beziehungen am Misstrauen zerbrechen.

Lucas wird öffentlich angepöbelt, im Supermarkt nicht mehr bedient und ihm werden die Fenster eingeworfen. "Die ganze Stadt hasst mich jetzt", fasst er völlig resigniert zusammen. "Die Jagd" zeigt auf erschreckende Weise, wie schnell sich eine vermeintlich enge Gemeinschaft als grausam und herzlos gegenüber einem Einzelnen (von ihnen!) entpuppen kann. Und wie dieser ausgegrenzte Mann dabei zu Grunde geht. Im Zeitalter von Shitstorms ein brandaktuelles Thema, da oft jede:r mitmischt und hetzt, ohne wirklich im Thema zu sein.

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Mads Mikkelsen in seinen besten Rollen
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Was seine Darstellungen so besonders macht: Dass Mikkelsen immer wieder Figuren verkörpert, die uns anziehen und gleichzeitig das Fürchten lehren.

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Die Macht des Einzelkämpfers

Was die Rolle von Lucas so besonders macht: Er steht komplett alleine da und wird von seinem kompletten Heimatdorf geächtet. Trotzdem weigert er sich aufzugeben. Er gibt sich nicht geschlagen, weil nicht nur sein guter Ruf auf dem Spiel steht, sondern das Verhältnis und Sorgerecht zu seinem Sohn. Das Ziel der Dorfbewohner, ihn aus dem Ort zu verjagen, erreichen sie nicht.

Mads Mikkelsen verkörpert die Rolle des zu Unrecht beschuldigten Lucas mit einer wuchtigen Intensität und Verletzlichkeit. Seine Darstellung ist so überzeugend, dass man als Zuschauer körperlich mit ihm leidet. Durch Microgesten, Blicke und minimale Veränderungen in der Körpersprache vermittelt der Schauspieler die schleichende Entwicklung von Lucas: von einem fröhlichen und optimistischen Mann zu einem gebrochenen Individuum.

Seine Darstellung geht dabei weit über die Rolle eines Opfers hinaus. Mads Mikkelsen transportiert gleichzeitig auch die Wut, die Verbitterung und die Verzweiflung, die in Lucas aufsteigen.

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Unsere soziale Verantwortung

Filmregisseur Thomas Vinterberg behandelt in seinen Werken regelmäßig soziale Themen wie Familie, Gemeinschaft, Identität und die Schattenseiten der menschlichen Natur.

Bei der Umsetzung legt er besonderen Wert auf einen authentischen Stil, der das Leben der Figuren glaubwürdig darstellt. Keine glatt gebügelten Hollywood-Charaktere, sondern ein realistischer Querschnitt durch die Gesellschaft.

Dieser Realismus macht den Film "Die Jagd" so nahbar und lässt ihn so lange nachwirken. Außerdem hält er Zuschauer:innen einen Spiegel vor und lässt uns eigene Werte hinterfragen: Auf welcher Seite hätte ich selbst gestanden? Er gibt uns außerdem eine Frage mit, die uns unsere gesellschaftliche Verantwortung bewusst werden lässt, nämlich: Glaube ich in Zukunft jeden Gossip, der erzählt wird?

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