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Wegen Krieg in der Ukraine: Kann Putin vor Gericht kommen?

  • Veröffentlicht: 17.03.2022
  • 15:45 Uhr
  • Galileo
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© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mikhail Klimentyev

Nach dem Angriff auf die Ukraine sind vor internationalen Gerichten Klagen gegen Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin eingereicht worden. Droht dem russischen Staatsoberhaupt wirklich eine Verurteilung?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 24. Februar 2022 hat die russische Armee auf Befehl des russischen Präsidenten Wladimir Putin die Ukraine angegriffen und ist mit eigenen Soldat:innen in das Nachbarland einmarschiert.

  • Seitdem versucht die Ukraine, dem Angriff standzuhalten und verteidigt sich auf ihrem Territorium mit ihrer Armee gegen das russische Militär.

  • Gleichzeitig hat die ukrainische Regierung unter der Führung des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj internationale Gerichte wie den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angerufen, um auch auf juristischer Ebene gegen Russland vorzugehen. Der IGH hat nun angeordnet, dass Russland seinen Angriff auf die Ukraine sofort beenden muss. Die Richter:innen haben allerdings keine Möglichkeit das Land zum Handeln zu zwingen.

  • Die ukrainische Regierung, aber auch die Regierungen von NATO-Mitgliedsstaaten und Amnesty International werfen dem russischen Militär und Präsident Putin Kriegsverbrechen vor.

  • Auch der US-Präsident Joe Biden hat Putin mittlerweile als "Kriegsverbrecher" bezeichnet. Sein Außenministerium prüft gerade formell, ob und für welche Straftaten die russischen Kriegsführer belangt werden könnten. Der Kreml kritisiert Bidens Aussage als "inakzeptable und unverzeihliche Rhetorik".

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Das wird Putin vorgeworfen

▶️ Mit dem militärischen Angriff auf die Ukraine hat die russische Regierung um Putin das Völkerrecht gebrochen. Sowohl das Führen als auch schon die Vorbereitung eines Angriffs-Krieges sind laut Völkerrecht verboten.

▶️ Im Laufe des Krieges gab es immer wieder Berichte über Angriffe auf zivile Gebäude - wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser. Das gilt als Kriegsverbrechen. Zudem wird Russland der Einsatz völkerrechts-widriger Munition vorgeworfen. Auch belagert Russland seit Wochen die ukrainische Stadt Mariupol, sodass die Menschen dort keine Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Versorgung und Strom erhalten können. Diese von Russland bewusst herbeigeführte humanitäre Katastrophe gilt ebenfalls als schweres Verstoß gegen das Völkerrecht.

▶️ Bereits in Syrien wurden Russland Kriegsverbrechen vorgeworfen. Um den Machthaber Baschar al-Assad zu stützen, griff die russische Armee unter anderem Krankenhäuser gezielt an.

▶️ Und auch die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 durch Russland war völkerrechtswidrig. Zudem hat die Ukraine Russland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wegen Menschenrechts-Verstößen auf der Krim verklagt.

Was ist in einem Krieg erlaubt

  • International gilt das Völkerrecht, das das Verhalten von Ländern untereinander regelt. Darin ist auch festgehalten, was in Kriegszeiten erlaubt ist - etwa um einen Krieg zu beenden.

  • Schwere Verstöße gegen diese Regeln oder allgemein gegen das Völkerrecht werden als Kriegsverbrechen bezeichnet. Der Internationale Strafgerichtshof legt in seiner Gesetzesordnung genau fest, welche Taten und Verstöße als Kriegsverbrechen verurteilt werden können. Strafbar sind unter anderem: Völkermord, Folter, Menschenversuche, vorsätzliche Verursachung großen Leids, vorsätzliche Angriffe auf zivile Bevölkerung und Objekte, Sklaverei sowie das Anwenden geächteter, biologischer oder chemischer Waffen.

  • Kriegsführende Ziele dürfen angegriffen werden - dazu zählen etwa Kasernen, militärische Flughäfen oder Verteidigungs-Anlagen. Es muss genau zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden werden.

  • Zu den Regeln in einem Krieg zählt außerdem der menschenwürdige Umgang mit Kriegsgefangenen. Außerdem dürfen Waffen, die allein darauf abzielen, möglichst viele Menschen zu töten, nicht eingesetzt werden. Und Kulturgüter dürfen nicht absichtlich zerstört werden.

  • Da ein Krieg in der Regel zwischen 2 Armeen ausgetragen wird, gilt ein besonderer Schutz der Zivilbevölkerung. Die Zerstörung von Schulen, Krankenhäusern, Wohngebäuden und sogar ganzen Städten gilt dann als Kriegsverbrechen, wenn es dafür keine militärische Rechtfertigung gibt.

  • Außerdem gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Wird beispielsweise ein:e Soldat:in bei einem Angriff getötet, darf die dazugehörige Armee als Vergeltung nicht ganze Landstriche zerstören. Damit soll unverhältnismäßige Gewalt verhindert werden.

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Diese internationalen Gerichte gibt es

🌍 Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag kann Urteile gegen Staaten, nicht gegen Personen, fällen. Er dient außerdem dazu, Konflikte zwischen Staaten zu schlichten.

👤 Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist für Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression zuständig. Er kann im Gegensatz zum IGH Personen und auch Staats-Oberhäupter verurteilen, die ansonsten Immunität besitzen.

✍️ 123 Staaten haben sich dem IStGH unterworfen - Russland und die Ukraine nicht. Trotzdem darf das Gericht über mögliche völkerstrafrechtliche Verbrechen auf dem Staatsgebiet anderer Länder urteilen, wenn andere Vertrags-Staaten Ermittlungen beantragt haben.

👥 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilt auf Grundlage der Europäischen Menschenrechts-Konvention. Dabei geht es darum, ob europäische Mitglieds-Staaten (inklusive Russland und der Ukraine) gegen die Konvention verstoßen. Er hat im Krieg in der Ukraine Russland bereits dazu aufgefordert, keine zivilen Ziele anzugreifen.

Welche Chancen bestehen vor den einzelnen Gerichten auf Verurteilung

  • Der Internationale Gerichtshof hat Russland inzwischen verurteilt und angeordnet, dass es die militärische Gewalt in der Ukraine sofort beenden muss. Ob Russland dem Folge leistet, bleibt fraglich. Hält es sich nicht an das Urteil, landet der Fall vor dem UN-Sicherheitsrat. Hier hat Russland aber ein Vetorecht.

  • Die Urteile des Internationalen Strafgerichtshofs sind zwar bindend, aber die Umsetzung kann nicht erzwungen werden. Außerdem verfügt der IStGH über keine Vollstreckungsgewalt - einen möglichen Haftbefehl gegen Putin müsste also ein Staat vollstrecken. Erschwerend kommt hinzu: Russland, aber auch die USA und China, erkennen den IStGH nicht an.

  • Russland hat sich auch schon in der Vergangenheit nicht an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gehalten - und kann auch jetzt nicht dazu gezwungen werden. Dennoch besitzt das Urteil eine internationale Signalwirkung und kann den Druck auf Moskau erhöhen.

  • Wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen kann nicht nur das Staatsoberhaupt als Befehlshaber in einem Krieg verurteilt werden. Auch die ausführenden Soldat:innen sowie alle dazwischen liegenden Verantwortlichen in der Befehlskette müssen sich für solche Taten vor Gericht verantworten.

  • Die besondere Schwierigkeit liegt aber auch in der Beweisführung: In Kriegszeiten ist es für Dritte schwierig zwischen Realität und Propaganda der Kriegsparteien zu unterscheiden. Es ist oft schwierig für internationale Gerichte, den Ort des mutmaßlichen Kriegsverbrechens zeitnah zu untersuchen. Außerdem gibt es viele Grauzonen - auf die sich beide Konflikt-Parteien berufen.

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Staatsoberhäupter vor internationalen Gerichten

Wegen Krieg in der Ukraine: Kann Putin vor Gericht kommen?

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Omar al-Baschir, Ex-Diktator des Sudan, ist wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem IStGH angeklagt. Der Haftbefehl wurde bereits während seiner Amtszeit ausgestellt. Aber erst 2020, ein Jahr nach seiner Absetzung, kündigte die sudanesische Regierung seine Auslieferung an den IStGH an.
© picture alliance / AP Photo | Ali Ngethi

Omar al-Baschir, Ex-Diktator des Sudan, ist wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem IStGH angeklagt. Der Haftbefehl wurde bereits während seiner Amtszeit ausgestellt. Aber erst 2020, ein Jahr nach seiner Absetzung, kündigte die sudanesische Regierung seine Auslieferung an den IStGH an.

Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi wurde 2011 vom IStGH wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit per Haftbefehl gesucht. Kurze Zeit später wurde er aber abgesetzt und starb unter ungeklärten Umständen nach seiner Verhaftung durch die neue libysche Regierung.
© picture alliance / dpa | Mohamed Messara

Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi wurde 2011 vom IStGH wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit per Haftbefehl gesucht. Kurze Zeit später wurde er aber abgesetzt und starb unter ungeklärten Umständen nach seiner Verhaftung durch die neue libysche Regierung.

Der ehemalige Präsident von Bosnien und Herzegowina, Radovan Karadzic, wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Peter Dejong

Der ehemalige Präsident von Bosnien und Herzegowina, Radovan Karadzic, wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Slobodan Milosevic wurde noch als Präsident von Serbien und Montenegro wegen Völkermordes vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angeklagt. Nach seinem Rücktritt wurde er von der neuen Regierung ans Gericht ausgeliefert, starb aber vor dem Ende des Verfahrens.
© picture-alliance / dpa | epa anp pool Lampen

Slobodan Milosevic wurde noch als Präsident von Serbien und Montenegro wegen Völkermordes vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angeklagt. Nach seinem Rücktritt wurde er von der neuen Regierung ans Gericht ausgeliefert, starb aber vor dem Ende des Verfahrens.

Was kann Putin in Deutschland drohen

Peter Frank, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, hat Ermittlungen gegen Russland eröffnet. Dabei geht es um mutmaßliche Kriegsverbrechen in der Ukraine.

Möglich ist das aufgrund des Weltrechts-Prinzips: Demnach können Verbrecher in einem Staat strafrechtlich verfolgt werden, auch wenn die Straftaten dort nicht begangen wurden und weder Täter:innen noch Opfer diese Staatsangehörigkeit besitzen.

Dass Putin in Deutschland verurteilt wird, gilt aber als unrealistisch, schließlich besitzt er als russischer Präsident Immunität - zumindest solange er im Amt ist.

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